Das ENSO-Phänomen

 » Das Beispiel Mosambik

Mosambik als Beispiel für Telekonnektionen während La Niña

Mosambik

Mosambik ist eines der ärmsten Länder der Welt. Rund 70 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 0,40 US$ pro Tag. Nur ungefähr ein Viertel (23 %) der Menschen wohnt in Städten; damit hat Mosambik eine der niedrigsten Urbanisierungsraten der Welt.

Die meisten Menschen im ländlichen Raum leben von Subsistenzlandwirtschaft oder von mit einfachen Mitteln betriebener Fischerei. Rund 44 Prozent der Mosambikanerinnen und Mosambikaner sind jünger als 14 Jahre. Die Gesundheitsversorgung ist unzureichend, und die HIV-Prävalenzrate unter Erwachsenen ist mit 12,5 Prozent landesweit besorgniserregend.

In Städten haben 76 % der Bevölkerung Zugang zu sauberem Trinkwasser, auf dem Land lediglich 24 %. In Deutschland liegt die Versorgungsrate bei jeweils 100 %. Die Lebenserwartung liegt in Mosambik bei 40 Jahren bei Männern und 41 Jahren bei Frauen. Die Zahlen für Deutschland sind 76 Jahre (m), bzw. 82 Jahre (w). Die Analphabetenrate beträgt 38 % (m) und 69 % (w), in Deutschland liegt der Wert bei unter 1 %.

In Mosambik gibt es mehrere Großprojekte internationaler Investoren – vor allem zur Förderung und zum Transport der in den letzten Jahren entdeckten umfangreichen Kohle- und Gasvorkommen, im Agrarbereich und bei Infrastrukturmaßnahmen. Aus diesem Grund verzeichnet Mosambik seit 2006 ein jährliches Wirtschaftswachstum von rund 7 Prozent. Mosambik belegt im Jahr 2013 Platz 178 der HDI-Rangliste mit einem Index-Wert von 0,393. Deutschland belegt Platz 6 (HDI-Wert 0,911).

In einem 17 Jahre dauernden Bürgerkrieg, der 1992 endete, und in Konflikten mit Südafrika verloren mindestens eine Million Menschen ihr Leben; große Teile des Landes und der Infrastruktur wurden verwüstet. Außerdem suchen regelmäßig Naturkatastrophen die Region heim. Neben Zyklonen, die jedes Jahr den Südosten des afrikanischen Kontinents treffen, gab es in den vergangenen Jahren schwere Dürren. Bei großen Überschwemmungen 2000 und 2001 kamen mehrere hundert Menschen ums Leben (unter anderem am Búzi in Zentralmosambik), sehr viel mehr verloren ihre Lebensgrundlage. Siehe auch Economic Losses in the 2000 Mozambique Floods (IRI).

Die Flutkatastrophe in Mosambik

Im Februar und März 2000 wurde Mosambik von außergewöhnlich starken Niederschlägen und nachfolgenden Überschwemmungen betroffen. Hohe Sachschäden an Infrastruktur, Behausungen, landwirtschaftlichen Flächen und Viehbeständen, sowie Menschenverluste waren das Ergebnis. Es traf ein armes Entwicklungsland, das sich gerade von den Bürgerkriegswirren zu erholen begann. Ungefähr 800 Menschen wurden getötet, 1.400 km² landwirtschaftlich genutzte Flächen waren betroffen und 20.000 Stück Vieh gingen verloren. Es war die schlimmste Flut in Mosambik seit 50 Jahren.

Da das Gebiet sehr flach ist, bilden sich bei Hochwasser binnen weniger Stunden riesige Seen. Im Jahr 2000 suchten die Menschen Brücken auf, die weit aus dem Wasser ragen, um sich in Sicherheit zu bringen.

Die starken Niederschläge der tropischen Regenzeit begannen zunächst in Südafrika und breiteten sich nach Mosambik aus. Die Regenfälle waren vermutlich verstärkt durch Telekonnektionen der seit 1999 andauernden La Niña-Phase. Zusätzlich wurden die Niederschläge erhöht durch Starkregen aus 3 tropischen Wirbelstürmen, die über dem Indischen Ozean entstanden und aufs Land übertraten.

Tropische Wirbelstürme sind um diese Jahreszeit und in dieser Region nicht ungewöhnlich. Ihre Energie ist von der Wassertemperatur abhängig und die betrug dieses Jahr außergewöhnliche 29 °C bei dem Tropischen Wirbelsturm Eline (siehe Cyclone Leon-Eline). Die Zeitspanne von der Annäherung bis zum Festlandskontakt mit gut ausgeprägtem Auge war etwa vom 19.2.2000 - 0 Uhr bis zum 22.2.2000 abends.

Zwar hat die Regierung 15 Mio. Dollar an die Bevölkerung ausgegeben, um einen gewissen Ausgleich für die Schäden und Einkommensverluste zu schaffen, doch leben auch 14 Jahre nach der Katastrophe Menschen in Behelfsunterkünften mit unsicherer Wasserversorgung.

gpcc_2_2000 Quelle: DWD - GPCC Visualizer

Limpopo

Quelle: DefenseImagery.Mil

Links: Niederschlag über Afrika im Februar 2000 (in mm pro Monat)

Rechts: Luftaufnahme mit Blick auf den Limpopo-Fluss, der sich durch den Süden Mosambiks schlängelt, wo er kurz zuvor über die Ufer getreten war und die Fluten durch Städte und Ackerland strömen ließ, die Menschen aus ihren Häusern zwang und die Infrastruktur des Landes verwüstete. Obwohl das Wasser in der Woche zuvor zurückgegangen war, drohten der Region weiterhin schwere Regenfälle, die in der Ferne zu sehen sind. C-130-Flugzeuge (nicht abgebildet), die der 37th Airlift Squadron auf der Air Base Ramstein, Deutschland, zugeordnet sind, absolvierten täglich Keen Sage-Flüge über MOZAMBIQUE, um gestrandete Flutopfer zu finden und die durch die Überschwemmungen im südlichen Afrika verursachten Hochwasserstände und Schäden zu überwachen. Die Flugzeuge sind auf der Hoedspruit Air Force Base, Südafrika, im Rahmen der humanitären Hilfsmaßnahmen der United States Operation Atlas Response stationiert. (10.3.2000)

mozambique_flood Quelle: NASA - Internet Archive S2000062091803_limpopo_seawifs Quelle: NASA - Internet Archive

Links und Mitte: Satellitenbilder vor und während der Flut in Mosambik

Dieses Bildpaar von Landsat 7 zeigt das unglaubliche Ausmaß der Überschwemmungen, die derzeit in Mosambik auftreten. Ein Monat mit Dauerregen und zwei Wirbelstürme ließen den Limpopo-Fluss stellenweise auf 80 km Breite anschwellen. Mindestens mehrere hundert Menschen wurden getötet, und über eine Million wurden aus ihren Häusern vertrieben. Die Überschwemmungen reduzierten das BIP des Landes um 45 %.

Rechts: Der angeschwollene Limpopo-Fluss ist in diesem SeaWiFS-Überflug über die Küstenlinie von Mosambik zu sehen. Schwebstoffe sind vor der Küste 40 bis 50 Meilen von der Flussmündung entfernt zu sehen. Ähnliche Sedimentfahnen sind vom Save-Fluss und einem weiteren, weiter nördlich gelegenen Fluss zu erkennen. Sensor: OrbView-2/SeaWiFS. Data Start Date: 3/2/00.

Der anthropogene Treibhauseffekt ist nach Ansicht von Meteorologen nicht für die Starkniederschläge verantwortlich.

Bereits 1999 litt Mozambik unter den bis dahin schlimmsten Überflutungen seit Jahrzehnten. Damals war die Lage vornehmlich in den südlichen Landesteilen durch die stark verlangsamte Wasseraufnahmefähigkeit der Böden verschärft, die durch eine verheerende Dürre der vorangegangenen El Niño-Episode verbacken waren.

'Helft Mosambik!'

Stern Titelbild vom 9.3.2000

sterntitel_sm

 

'Ihr Leben hängt am Seil'

Foto aus dem Stern vom 9.3.2000

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Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Fotografen

Ein sogar fast noch eindrucksvolleres Beispiel einer Überflutung, die auf einem Satellitenbild nachvollzogen werden kann, befindet sich im Anhang unter Mississippi. Ebenfalls im Anhang befindet sich eine Analyse der Niederschläge im südlichen Afrika, verfasst vom Deutschen Wetterdienst.

Zyklon Eline über Südostafrika
beim Landfall, 22.2.2000

mosamsat1_sm

Quelle: NOAA

Zyklon Eline über Südostafrika,
25.2.2000

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Quelle: NOAA

Ausläufer des Zyklons Gloria mit weiterem Starkniederschlag, 10.3.2000

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Quelle: NOAA

Siehe auch den Artikel von Thomas Veser für die Deutsche Welthungerhilfe im Anhang. Er gibt eindringliche Hintergrundinformationen über das von denselben Zyklonen betroffene Madagaskar.

Aufbau eines Hochwasserfrühwarnsystems

Zwischenzeitlich wurde von der damaligen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, heute Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem World Institute for Disaster Risk Management (DRM) mit Unterstützung der Münchener Rück Stiftung ein einfaches aber effektives Flutwarnsystem in Mosambik eingerichtet.

Der Aufbau eines solchen Flutwarnsystems mit verschiedenen Institutionen, kirchliche Missionsstationen und den Dorfgemeinschaften ist erforderlich, da bisher keine ausreichenden Regenfall- und Wasserstandsdaten im Einzugsgebiet vorhanden waren. Mittel zur Erstellung einer aufwendigen hydrologischen Studie einschließlich Modellrechnungen waren beim hydrologischen Dienst nicht verfügbar.

Diese Maßnahme wurde seit Juli 2005 durch die Installation von Regenmessern und einfachen Wasserstandspegeln im Oberlauf des Rio Búzi und die damit verbundene Ausbildung von Freiwilligen zur Datenerfassung und -übertragung vorbereitet. Durch einen Wissenstransfer "Süd – Süd" mit der Karibikküste von Honduras beraten verschiedene zentralamerikanische Fachkräfte die mosambikanischen Institutionen, wie den Wetter- und Hydrologischen Dienst, die lokale Distriktregierung und die Dorfgemeinschaften beim Aufbau dieses für Mosambik modellhaften Flutwarnsystems.

Die Niederschlagsmengen und der Wasserstand der Flüsse werden nun regelmäßig gemessen. Die Informationen darüber werden mit Funkgeräten und Fahrradkurieren verbreitet. Bei Flutgefahr hisst man farbige Flaggen, qualifizierte Helfer verbreiten mit Megaphonen die Warnung, kritische Gebiete werden geräumt.
Das Grundprinzip dieses modellhaften Flutwarnsystems ist die direkte Kommunikation von verschiedenen Messstationen im Oberlauf, mit einem Auswertungs- und Frühwarnkomitee in der Distrikthauptstadt Búzi, um von dort die gefährdeten Dorfgemeinschaften durch den Distriktadministrator genauer und schneller über eine Flutwelle warnen zu können

Funktionierende Warnsysteme sind ein wesentlicher Bestandteil effektiver Prävention. Vertreter der GIZ, die seit Jahren im Land aktiv sind, entwickelten hier ein Warnsystem, das genau auf die Bedürfnisse der Menschen und ihre Fähigkeiten zugeschnitten ist. Die Funktionsweise ist bestechend einfach: An strategischen Punkten im Einzugsgebiet des Búzi messen Verantwortliche aus den Dörfern den Tagesniederschlag. Zugleich überwachen sie leicht ablesbare Pegelmesser am Fluss. Bei kritischen Niederschlagsintensitäten oder Wasserpegeln geben sie per Funk Meldung. Treffen in der zentralen Koordinierungsstelle Nachrichten ein, die Flächenniederschläge vermuten lassen, wird gewarnt. Die Pegel am Fluss sind wichtige Kontrollstellen.

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Karte mit dem Projektgebiet am Rio Búzi

Niederschlags- und Pegelmessungen werden an eine Zentrale gemeldet, bei starkem Flächenniederschlag wird gewarnt.

Der Búzi ist ein Fluss in Mozambique, der westlich von Beira in die Straße von Mosambik mündet und dabei ein Ästuar bildet. Der Rio Búzi (port.) ist 250 km lang und hat ein Einzugsgebiet von 31.000 km². Seine durch-schnittliche Jahresabflussmenge an seiner Mündung beträgt 79 m³/s. Oft verursacht er Überschwemmungen und bildet dann zusammen mit dem größeren Pungwe eine große Überschwemmungslandschaft.
In der Regenzeit können die Pegel dieser Flüsse um 7 m steigen und vor allem in der Ebene der Provinz Gaza in Mosambik katastrophale Überschwemmungen verursachen, bei denen Menschen tagelang auf den Bäumen sitzen müssen. Quelle: Münchener Rück Stiftung (2007)

Spezielle Schulungen sensibilisieren die Bevölkerung für das Risiko. Bei Flutwarnung hisst man je nach Warnstufe blaue, gelbe oder rote Flaggen, Helfer schwärmen aus und verbreiten mit Megafonen die Warnung, kritische Gebiete werden geräumt.

In mehreren Dörfern im Einzugsgebiet des Flusses wurden lokale Katastrophenvorsorgegruppen gebildet. Den Aufbau unterstützten Fachleute aus Honduras, die in ihrem Heimatland selbst erfolgreich ein solches lokal gesteuertes System errichtet haben. Die mittelamerikanischen Fachleute erstellten Ausbildungsunterlagen und koordinierten die Informationsflüsse zwischen den Akteuren in den Dörfern, dem Distrikt und der Provinz.

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Warnflaggen und ihre Bedeutung

 

Quelle: Münchener Rück Stiftung (2007)

Lokale Rettungs-Komitees und einfaches aber effektives Rüstzeug, hier bei einer Übung in Beira.

 

 

Mithilfe moderner Technologien werden die von den Gemeinden erstellten Risiko- und Evakuierungskarten verifiziert. So wird sichergestellt, dass die individuelle Wahrnehmung der Umgebung die Realität nicht zu sehr verzerrt.

Erfolgsfaktoren

Erfahrene Projektpartner: Fachleute, die jahrelange Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit haben, steuern das Projekt vor Ort. Der Projektleiter, den die deutsche ARGE Ambero – IP Consult im Auftrag der GTZ entsandt hat, ist seit rund 15 Jahren im Land aktiv und kennt die Menschen und ihre Bedürfnisse.

Multiplikation: Übernahme eines bereits bestehenden Erfolgskonzepts (Honduras). Fachleute, die in Mittelamerika ähnliche Flutwarnsysteme aufgebaut haben, sind in Mosambik, um die Menschen am Fluss zu schulen. So muss man das Rad nicht wieder neu erfinden.

Tests und Simulationsübungen: Regelmäßige Tests des gesamten Systems und Simulationsübungen unter Einbindung aller Betroffenen mindestens einmal pro Jahr im Herbst vor der Regenzeit.

Ownership: Die Menschen am Fluss und die lokale Regierung verstehen und tragen das System: Auswahl und feierliche Ernennung der Verantwortlichen werten diese auf und tragen dazu bei, dass sie ihre Aufgabe sehr ernst nehmen. Dorfälteste, Bürgermeister und der Distriktpräsident tragen und fördern es – eine wichtige Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg. Nachgehaltene Ausbildung der Verantwortlichen und wiederholte Schärfung des Bewusstseins der Menschen in den Dorfgemeinschaften (Appelle). Freiwillige Mitarbeiter der Münchener-Rück-Außenstelle in Südafrika begleiteten das Vorhaben und führten das Monitoring durch.

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Ablesen eines Hellmann-Regenmessers

Helfer lernen die kritischen Marken abzulesen 

Mit solarbetriebenen automatischen Messstationen wird das System nach und nach aufgerüstet

     
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Junge neben einfachem Flusswasserpegel 

Mit Risikokarten erfahren die Einheimischen, wo sich Gefährdungszonen und Evakuierungsrouten und -plätze befinden

Prof. Roehrig (FH Köln) erklärt eine neue low-cost Klimastation mit automatischer Datenübertragung

     
funk Evakuierungsübung

Per Funk werden die Daten an die Zentrale übertragen, kommen zahlreiche Hochwasser-meldungen an, gibt es Alarm. 

Evakuierungsübung, angeführt vom Mitglied eines Freiwilligenkomitees

Quelle und Copyright: Münchener Rück Stiftung

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