Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Aquakultur

Die Haltung und Vermehrung von aquatischen Pflanzen und Tieren zu gewerblichen, wissenschaftlichen und freizeitorientierten Zwecken unter kontrollierten Bedingungen. Unter anderem werden Wassertiere zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Industrieprodukten, zu Zierzwecken oder für die Sportfischerei gehalten. Weltweit werden mehr als 260 Arten (Algen, Muscheln, Krebse, Reptilien, Fische) traditionell extensiv oder industriell mit hohem Kapitalaufwand für die internationalen Märkte aufgezogen. Diese Aktivitäten können sowohl in natürlichen Gewässern, wie auch in künstlichen Wasserbecken erfolgen. Marine Aquakulturen werden im Unterschied zu den landgestützten Kulturen auch als Marikulturen bezeichnet.

Aquakultur gibt es mindestens seit 500 v.Chr., sie hat aber erst in den letzten Jahrzehnten eine enorme Zunahme erfahren und ist der am schnellsten wachsende Sektor tierischer Nahrungsmittel. Sie trägt mit gut einem Drittel zum globalen Fischangebot bei.Ein Schwerpunkt liegt auf der Produktion von zumindest vormals hochpreisigen Produkten, die häufig frisch vermarktet werden. Dazu gehören Garnelen, Langusten, Lachs, Forellen und Austern. Aquakulturen liefern etwa ein Viertel des weltweiten Angebots an Fisch und Krustentieren.

Besonders stark in der Aquakultur vertreten ist China, es folgen Indien, Japan, Philippinen, Indonesien, Thailand, Korea, Bangladesch, Vietnam und Norwegen. 90 % der weltweiten Produktionsmengen stammen aus Asien, geringe Anteile entstammen aus Europa 4 % und aus Lateinamerika 2 %.

Vorteile von Aquakulturen gegenüber traditionellem Fischfang liegen im kontinuierlichen und planbaren Aufkommen sowie in niedrigeren Preisen (der Preis für Lachs aus Aquakulturen ist seit dem Beginn der 1980er-Jahre um etwa 80 % zurückgegangen). Aquakulturen können der Überfischung der Meere entgegenwirken und eine neue Nahrungsquelle darstellen. Dies trifft allerdings nur auf einen Teil der Aquakulturen zu. Konventionelle Aquakultur bringt ökologische Probleme mit sich, wie u. a. Überdüngung durch Ausscheidungen der Tiere, Einsatz von Medikamenten und Chemikalien.

Erhebliche ökologische Probleme entstehen durch den Bedarf an Futtermitteln. Aquakultur ist verstärkt in die Kritik geraten durch umweltbelastende, häufig industrielle Haltungssysteme, ferner aufgrund nicht vollständig verwerteter Nahrung, Ausscheidung der Fische, toten Fischen und durch den hohen Input von tierischem Eiweiß, insbesondere von Fischmehl. Fischmehl und Fischöl sind für einige der in Aquakultur gehaltenen Arten (Fleischfresser wie z.B. Lachse und Forellen) als Futtermittel unersetzlich. Aquakulturen verbrauchten 2006 rund 3,06 Mio t oder 56 % der weltweiten Fischmehlproduktion und 0,78 Mio t oder 87 % der gesamten Fischölproduktion.

Konzepte zur nachhaltigen Fischereiwirtschaft und die ökologische Aquakultur beschränken daher den Einsatz von Fischmehl und -öl als Futtermittel, die verwendeten Produkte dürfen zudem ausschließlich aus verarbeitetem Beifang oder den Resten der Speisefischverarbeitung stammen.

Vor allem in Ländern mit niedrigen ökologischen Standards in Südostasien hatte die Ausbreitung von Aquakulturen negative Folgen. Beispielsweise gingen im Mekong-Delta seit 1975 etwa 70 Prozent der Mangroven bestände verloren. Ein großer Teil dieser Verluste wird der Garnelenerzeugung angerechnet.

Im Anhang befindet sich eine Grafik zum Wirkungsgefüge der Fischmehlthematik.

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Entwicklung der Produktion von Fischmehl und von in Aquakulturen erzeugten Arten im Vergleich

 

Entwicklung der weltweiten Produktion von Fischmehl und von in Aquakulturen und unter Einsatz von industriell gefertigten Futtermitteln erzeugten Arten wie Lachs, Garnelen, Aalen, Meeresfischen, diadromen Fischen und Bubtbarschen (Zahlen für 2000 geschätzt).

Quelle: Global Aquaculture Alliance (übersetzt)

 

Shrimp farming führte in Entwicklungsländern zur gezielten Vernichtung von Mangroven. Mittlerweile soll dieser Prozess gestoppt sein, Aufforstungsprogramme steuern dem Trend entgegen. Die in China verbreiteten Aquakulturen setzen hingegen überwiegend pflanzenfressende Fischarten und Invertebraten ein und sind hinsichtlich ihrer Konversionsraten günstig zu beurteilen.

Aquakultur im Delta des Río Tumbes

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Landsat-Aufnahme vom 14. März 2024, zur Originalgröße hier klicken

Nahe der Grenze zwischen Peru und Ecuador schlängelt sich der Río Tumbes durch Wälder und Ackerland, vorbei an der Stadt Tumbes und mündet schließlich in den Pazifischen Ozean. Entlang der Küstenlinie des Flussdeltas sind rechteckige Aquakulturteiche weit verbreitet. Ein Großteil der peruanischen Garnelenproduktion, die in Teichen wie diesen gezüchtet wird, findet in der Region Tumbes statt.

In Peru wie auch anderswo werden die Garnelenfarmen in der Regel an der Küste gebaut, wo das Salzwasser leicht zugänglich ist. Grüne und weiße Aquakulturteiche erstrecken sich über das Delta des Río Tumbes in diesem Bild, das am 14. März 2024 vom OLI-2 (Operational Land Imager-2) auf Landsat 9 aufgenommen wurde. Die Teiche auf der Westseite des Deltas sind wahrscheinlich mit weißen Teichabdeckungen versehen, die etwas Schatten spenden. Die Beschattung der Teiche kann die Garnelenerträge verbessern und den Wasserverbrauch durch Verringerung der Verdunstung reduzieren.

Die Aquakultur von Garnelen wurde in Peru in den frühen 1970er Jahren eingeführt und ist seitdem stark gewachsen. Das Wachstum ging jedoch auf Kosten der natürlichen Ökosysteme. Mit Hilfe von Luftaufnahmen und Landsat-Satellitendaten, die bis in die 1970er Jahre zurückreichen, haben Forscher herausgefunden, dass die Aquakulturteiche im Tumbes-Flussdelta in die Ökosysteme Mangrovenwald, Savanne und Trockenwald eingedrungen sind. Die Forscher fanden heraus, dass Garnelenfarmen 17 Prozent der Mangrovenwälder in Peru ersetzt haben.

Mangrovenwälder schützen die Küsten vor Erosion und Sturmschäden und bieten Lebensraum für viele Meerestiere. Sie sind auch einzigartig effiziente Kohlenstoffsenken - Orte, an denen Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernt und gespeichert wird. Laut Forschungsergebnissen der NASA hat der Mensch in den letzten 50 Jahren mehr als ein Viertel der bekannten Mangrovenwälder zerstört, wobei die Entwicklung der Aquakultur einer der Hauptgründe für diesen Verlust ist.

Die Garnelenzucht ist von weniger als 100.000 Tonnen im Jahr 1980 auf mehr als 5 Millionen Tonnen im Jahr 2023 angestiegen. Das Tumbes Flussdelta liegt 20 Meilen westlich von Ecuador, dem derzeit weltweit größten Produzenten von Zuchtgarnelen.

Quelle: NASA Earth Observatory, 30. März 2024 (übersetzt)

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