Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Oceanic Niño Index (ONI)

Der relativ neue von der amerikanischen NOAA entwickelte Oceanic Niño Index (ONI) ist ein Ansatz zur operationellen Messung und Vorhersage von ENSO. Ähnlich wie der japanische JMA-Index basiert er auf Abweichungen der Meeresoberflächen-Temperatur (SST) vom Durchschnitt einer 30-jährigen Basisperiode. Mit der Nino 3.4 Region (5° N - 5° S, 120° - 170° W) legt er allerdings ein etwas anderes Gebiet des Pazifiks für die Messung zugrunde. Außerdem wird ein dreimonatiger Mittelwert gebildet (im Gegensatz zu fünf Monaten beim JMA-Index). Die Abweichungen beziehen sich auf einen Satz von sogenannten verbesserten homogenen historischen SST-Analysen (Extended Reconstructed SST – ERSST.v3b). Dies dient der Einordnung der aktuellen ENSO-Verhältnisse in eine historische Perspektive.

Zur Berechnung des ONI verwenden Wissenschaftler des NOAA Climate Prediction Center Messungen im Ozean aus einer Vielzahl von Quellen, darunter autonome Schwimmer, verankerte Bojen und Schiffsmessungen.

Flächen verschiedener ENSO-Indizes

Flächen verschiedener ENSO-Indizes

Lage der Bereiche des tropischen Pazifiks, die für die Überwachung der Meeresoberflächentemperatur verwendet werden. Die Meeresoberflächentemperatur in der Niño3.4-Region, die sich von 120˚W bis 170˚W Länge erstreckt, bildet, wenn sie über einen 3-Monats-Zeitraum gemittelt wird, den offiziellen Oceanic Niño Index (ONI) der NOAA. NOAA Climate.gov Bild von Fiona Martin.

Quelle: NOAA

El Niño-Bedingungen liegen nach diesem Index vor, wenn der ONI einen positiven Ausschlag von 0,5 °C oder mehr im dreimonatigen Mittel aufweist. Entsprechend liegen La Niña-Bedingungen bei einem negativen Ausschlag von mindestens 0,5 °C im dreimonatigen Mittel vor. Wenn der ONI-Wert zwischen +0,5 und -0.5 liegt, besteht eine Normal- oder Neutralphase des ENSO-Zyklus.

Die NOAA sieht ein voll entwickeltes El Niño- oder La Niña-Ereignis dann als gegeben an, wenn der ONI über mindestens fünf aufeinanderfolgende Drei-Monatseinheiten ("a minimum of 5 consecutive over-lapping seasons") seinen Schwellenwert erreicht oder über- bzw. unterschreitet. Eine Tabelle mit den Drei-Monatswerten des ONI ist beim Stichwort ENSO angeführt. Die Stärke eines El Niño-Ereignisses wird dadurch bestimmt, wie sehr der ONI-Wert über 0 liegt. Übersteigt er 0,5 °C wird er als 'schwach' bezeichnet, über 1,0 °C als 'mäßig', 1,5 °C als 'stark' und über 2,0 °C als 'sehr stark' oder 'historisch stark'. Eine offizielle offizielle Definition der ENSO-Stärke gibt es allerdings nicht. In der Beobachtungsperiode von 1950 bis heute hat der ONI erst zweimal 2,0 °C überschritten und zwar während der Warmereignisse von 1982/83 und 1997/98.

Oceanic Niño Index (ONI)

Oceanic Niño Index (ONI)

Saisonale (3-monatige) Meeresoberflächentemperaturen im zentralen tropischen Pazifik im Vergleich zum Durchschnitt 1981-2010. Eine Erwärmung oder Abkühlung von mindestens 0,5 Grad Celsius über oder unter dem Durchschnitt in der Nähe der internationalen Datumsgrenze ist eines der Kriterien für die Überwachung des Klimamusters El Niño-La Niña. Bild von NOAA Climate.gov, basierend auf Daten des Climate Prediction Center.

Quelle: NOAA

Die 30-jährige Basisperiode wird neuerdings alle 5 Jahre fortgeschrieben, auch die alten Werte beziehen sich inzwischen auf andere Bezugsperioden und wurden deshalb geändert. Konkret bedeutet dies, dass ONI-Werte der Jahre 1950-1955 sich auf die Periode 1936-1965 beziehen, ONI-Werte der Jahre 1956-1960 beziehen sich demnach auf die Basisperiode 1941-1970 und so weiter.

Die Verwendung mehrerer, im 5-Jahres-Rhythmus nachgeführter Bezugsperioden ist dem globalen Erwärmungstrend geschuldet, der bei längerer Verwendung einer 30-Jahresperiode ein falsches Bild des Auftretens der drei ENSO-Phasen ergäbe. Dabei ist zu bedenken, dass es sich beim ONI um relative Temperaturwerte handelt, darum, dass eine bestimmte Region wärmer oder kälter als 'normal' ist.

Von 1950 bis 2020 gab es offiziell 23 El Niño-Episoden unter Anwendung des ONI-Schwellenwertkriteriums.

ONI – Temperaturmuster

ONI – Temperaturmuster

Meeresoberflächentemperatur über dem tropischen Pazifik im Dezember 1997 (oben), während eines starken El Niño, und im Dezember 1988 (unten) während einer starken La Niña. Der ONI verfolgt nur die Temperaturen in der Niño3.4-Region, aber während starker Ereignisse wird der gesamte zentrale und östliche tropische Pazifik im Allgemeinen wärmer bzw. kühler als der Durchschnitt. Karten von NOAA Climate.gov, basierend auf Daten des Physical Science Lab der NOAA.

Oben: Dezember 1997
Unten: Dezember 1988

oni_temperatur_muster_legende Quelle: NOAA

Als Weiterentwicklung des ONI-Index wird von Glantz und Ramirez (2020) vorgeschlagen, dass der ONI-Wert von 0,7 °C einen Kipppunkt bezeichnen soll, an dem das El Niño-Ereignis feststeht. Dies kann den gesellschaftlichen Entscheidungsträgern zusätzliche Vorlaufzeit für Abhilfemaßnahmen verschaffen. Die vorläufigen Ergebnisse der Forscher deuten darauf hin, dass ein erstes Auftreten des 0,7 °C-Wertes als glaubwürdiger Marker für die Locked-in-Phase von El Niño dienen könnte, der dem derzeitigen 0,5 °C-Indikator für den Beginn von El Niño zusätzliche Glaubwürdigkeit verleihen kann, damit sich gefährdete Gesellschaften auf die vorhersehbaren gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen von El Niño vorbereiten können.

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