Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Shrimp Farming

Nachhaltige, die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung befriedigende Aquakulturen haben eine lange Tradition. Moderne, industrielle Formen wurden in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts analog zur Grünen Revolution als "Blaue Revolution" bezeichnet.

"Shrimp Farming" ist Garnelen-Aufzucht in Aquakulturen, vorwiegend an tropischen Küsten. Einst von der FAO als Lösung des Eiweiß-Problems in der Dritten Welt propagiert, werden die Zuchtgarnelen heute fast ausschließlich nach Japan, USA und Europa exportiert. Rund ein Drittel der weltweit gehandelten Garnelen werden in Aquakulturen produziert. Haupterzeuger sind Thailand, Ecuador und Indien.

Litopenaeus vannamei

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Shrimp Farm in Honduras

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Eine aus dem östlichen Pazifik stammende
Garnele, die zu den wichtigsten Zuchtgarnelen
zählt und weltweit verkauft wird.

Quelle: Wikipedia

Aufgelassene Shrimpbecken, Gulf of Fonseca, Honduras, Central America (1996)

Quelle: ThinkShrimp / Greenpeace

 

Shrimp-Aquakulturen mit großflächigen Becken werden bevorzugt im Bereich der Mangrove angelegt, da die hier anzutreffende Mischung aus Salz- und Süßwasser ideale Lebensbedingungen für Garnelen darstellen. Hohe Besatzdichten von bis zu 600.000 Tieren pro Hektar Fläche und die Zufütterung von eiweißreichem Fischmehl ermöglichen höchste Erträge. Diese Massentierhaltung auf engstem Raum ist sehr störanfällig, erfordert die ständige Kontrolle der Wasserqualität sowie einen täglichen Wasseraustausch in den Zuchtbecken. Massiver Einsatz von Antibiotika, Fungiziden, Parasitiziden, Algiziden und Pestiziden sowie eine regelmäßige Chlorung des Wassers sollen Krankheiten vorbeugen. Infektionen vernichten immer wieder ganze Bestände. Da Garnelen schlechte Futterverwerter sind, werden für die Produktion von 1 kg Shrimps 2 - 3 kg Fischmehl verfüttert. Im Anhang befindet sich eine Grafik zum Wirkungsgefüge der Fischmehlthematik.

Als Folgen des Shrimp-Farming sind zu nennen: die Versalzung der umliegenden Böden und die Überdüngung der Küstengewässer durch die Abwässer, die Absenkung des Grundwasserspiegels durch den hohen Süßwasserbedarf, die Belastung der Gewässer mit Pharmaka, der Rückgang der Küstenfischerei, da der Nachwuchs aus den Mangroven ausbleibt, der Verlust traditioneller Lebensgrundlagen in der Mangrove, Ernteeinbußen durch versalzte Böden.

Die FAO sieht das "nomadic farming" als Wesensmerkmal der Shrimpszucht. Das bedeutet, dass die Betreiber keine Verantwortung für eine nachhaltige Produktion übernehmen müssen. Sobald sich an einem Standort die Zucht nicht mehr lohnt oder häufig auch sobald die Farmen von Viren oder anderen Pathogenen befallen sind, zieht man einfach weiter ("rape and run"). Die aufgegebenen Flächen sind wegen ihrer hohen Salzkonzentration in Boden und Grundwasser auch für die Landwirtschaft nicht nutzbar. Die ökologischen und sozialen Folgekosten (negative externe Kosten), die vor allem unterprivilegierte Gesellschaftsgruppen belasten, lässt man der örtlichen Bevölkerung zurück. Positiv ist zum Shrimp-Farming anzumerken, dass es den Shrimpfang im offenen Meer entlastet. Dieses shrimp trawling hat die größten Mengen an Beifang von allen Fischereiarten. Gleichzeitig wird mit den engmaschigen Netzen der Ozeanboden zerstört.

Allerdings ist die Beifangquote beim Sammeln der Shrimplarven für die Zuchtfarmen erheblich höher. Für einen Zuchtshrimp werden 100 Fische oder Shrimps mit aus dem Meer gezogen, ohne verwertet zu werden. Generell sind die sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Shrimpzucht sehr kritisch zu sehen. Der oberste indische Gerichtshof stellte z.B. schon 1996 fest, dass die von der Shrimpindustrie verursachten Schäden an Umwelt und lokaler Wirtschaft die Gewinne aus deren Export weit übersteigen. Die zu 100 % exportorientierte Shrimp-Produktion entspricht der Notwendigkeit, Devisen zu erwirtschaften und die hoch verschuldete Wirtschaft Indiens zu entlasten, die im Teufelskreis von IWF, Weltbank, neo-liberaler Wirtschaftspolitik und Handelsliberalisierung gefangen ist.

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