Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Klimawandel

Klimawandel ist nach dem Verständnis des Weltklimarats (IPCC) eine Veränderung des Zustands des Klimas, die identifiziert werden kann (z.B. mit Hilfe statistischer Methoden) als Veränderungen der Mittelwerte und/oder der Variabilität seiner Eigenschaften. Diese Veränderungen bestehen für eine längere Zeit, typischerweise Dekaden oder länger. Diese Auffassung bezieht sich auf jegliche Art von Klimaänderung und kann somit natürlich oder anthropogen bedingt sein. Andere Institutionen (z.B. UNFCCC) oder auch einzelne Wissenschaftler benutzen den Begriff, um klimatische Folgen menschlicher Aktivitäten zu beschreiben.

global_average_temp_anomaly

Abweichungen der globalen Durchschnittstemperaturen der Jahre 1850 - 2020 vom Mittel der Jahre 1850 - 1900

Zur Ermittlung der jährlichen globalen Mitteltemperatur der WMO werden mehrere Datensätze von verschiedenen Organisationen verwendet. Durch die Verwendung mehrerer Datensätze ist es möglich, einen Teil der Unsicherheit in solch komplexen globalen Berechnungen zu verringern. Wichtig ist, dass alle Datensätze die gleiche allgemeine Entwicklung der steigenden globalen Mitteltemperatur zeigen: HadCRUT5; GISTEMP; NOAAGlobalTemp; ERA5; JRA-55; Berkeley Earth sowie Cowtan und Way.

Quelle: MetOffice

Der aktuelle Klimawandel besteht eindeutig in einer Erwärmung, was durch die Zunahme der globalen Luft- und Meerestemperaturen belegbar ist, sowie durch das verbreitete Abschmelzen von Schnee- und Eisflächen und dem Anstieg des durchschnittlichen globalen Meeresspiegels.

Neuer IPCC-Bericht

Im August 2021 ist der neue IPCC Bericht erschienen. Vieles, was er uns zu sagen hat, ist bereits bekannt, jedoch sind die zentralen Ergebnisse nun nochmal stärker belegt: Der Einfluss des Menschen hat das Klimasystem erwärmt und wird dies auch in Zukunft noch tun. Menschgemachte Treibhausgase sind hauptverantwortlich für diese Erwärmung der Atmosphäre und der Ozeane. Ungebremst dauerten die Klimaauswirkungen im letzten Jahrzehnt an: Die Schnee- und Eismengen sind weiter zurückgegangen, der Meeresspiegel weiter angestiegen und die Konzentrationen von Treibhausgasen haben weiter zugenommen.

Erstmals ermöglicht der IPCC-Sachstandsbericht eine detailliertere regionale Betrachtung des Klimawandels. Dazu wurde ein interaktiver Atlas entwickelt, der zur Einschätzung der Risiken, für die Anpassung an den Klimawandel und bei anderen Entscheidungen auf lokaler und regionaler Ebene hilfreich sein kann.

1.5 Grad-Grenze:

Im Vergleich zum IPCC-Sonderbericht von 2018, welcher eine globale Erwärmung von 1.5 Grad bis spätesten 2052 prophezeit, zeigen aktuelle Klimamodelle, dass die 1.5 Grad-Grenze bereits in den frühen 2030er Jahren überschritten wird. Der neue IPCC Bericht berechnet in dieses neue Modell die weltweit immer noch steigenden Treibhausgaskonzentrationen mit ein. Ausserdem konnte durch besseres Wissen über das vergangene Klima ermittelt werden, dass die bisherige Erwärmung um 0.1 Grad höher liegt als bislang angenommen.

Arktisches Meereis:

Die Arktis umfasst den mit Eis bedeckten Arktischen Ozean zwischen Grönland, Skandinavien, Russland und Nordamerika. Im Sommer schmilzt ein Teil des Eises ab, während im Winter das Meer wieder zufriert. Seit Jahren nimmt die Eisfläche jedoch im Schnitt immer mehr ab. Mit dem Eis verschwindet ausserdem das dortige Ökosystem. Der neue IPCC-Bericht zeigt, dass in Zukunft jeweils am Ende des Sommers so gut wie kein Meereis übrigbleiben wird – auch wenn wir unsere Emissionen sofort verringern. Da aber der Eisverlust linear mit der Temperatur verläuft, hätte eine Einstellung der menschlichen Treibhausgasemissionen zwar einen zeitverschobenen, jedoch wirksamen Effekt.

Meeresspiegelanstieg:

Bis ins Jahr 2100 wird eine Meeresspiegelanstieg von 30 Zentimeter bis zu einem Meter erwartet. Auch wenn wir unsere Emissionen bis 2050 auf Netto-Null herunterschrauben, wird der Anstieg unserer Meeresspiegel noch viele Jahrhunderte andauern. Das Meer ist ein träges System und wir stellen bereits jetzt die Weichen, was in hunderten, ja sogar tausenden Jahren damit geschieht.

Der Mensch als Triebkraft?

In allen Regionen der Erde erreichen die Klimaänderungen immer wieder Höchststände, wie sie seit vielen Jahrhunderten bis Jahrtausende nicht beobachtet worden sind. Beispielsweise der Anstieg der CO2-Konzentration auf 410 ppm bis ins Jahr 2019 hat in den letzten mindestens zwei Millionen Jahren nicht mehr in diesem Ausmass stattgefunden. Doch woher wissen die Forschenden, dass der Klimawandel hauptsächlich von menschgemachten Emissionen angetrieben wird? Eine der vielen Antworten liefert der Prozess der Detection and Attribution, auf Deutsch Erkennen und Zuordnen. Dabei werden beobachtete Daten verwendet - beispielsweise der Trend des Temperaturanstiegs – und mittels Klimamodellen einem bestimmten Auslöser zugeordnet. Modellsimulationen, welche nur die natürlichen Klimaantriebe berücksichtigen, können dann mit solchen verglichen werden, die sowohl natürliche als auch menschliche Verursacher einberechnen. Wie sich dabei immer wieder herausstellt, lassen sich unsere aktuellen Temperaturtrends nur erklären, wenn die menschlichen Aktivitäten miteinbezogen werden. Sie sind sogar die Haupttreiber für die Klimaerwärmung.

ENSO und Klimawandel:

Trotz großer Fortschritte beim Verstehen der Auswirkungen des Klimawandels auf viele Prozesse, die zur ENSO-Variabilität beitragen, gibt es noch keine einmütige Einschätzung darüber, ob die ENSO-Aktivität verstärkt oder gedämpft wird oder ob die Häufigkeit oder der Charakter der Ereignisse in den kommenden Dekaden sich ändern wird.

Verlässliche instrumentelle Aufzeichnungen sind noch relativ kurz, um die Auswirkungen des Klimawandels auf ENSO von der natürlichen Variabilität zu trennen. Paläoaufzeichnungen und Modelle deuten jedoch darauf hin, dass es bereits zu Veränderungen im ENSO-Zyklus gekommen sein könnte. Aufgrund der sich erwärmenden Hintergrundbedingungen, vor denen sich ENSO-Ereignisse entwickeln, werden außerdem einige ENSO-Auswirkungen verstärkt, wie es beim El Niño 2015-16 der Fall war. Dieses Ereignis führte zur bisher umfangreichsten und längsten globalen Korallenbleiche und zu einer Rekordzunahme der tropischen Pazifikstürme aufgrund der warmen Grundtemperaturen des Ozeans, auf dem es stattfand.

Allerdings gilt als so gut wie sicher, dass ENSO nicht nur in einer sich erwärmenden Welt existieren wird, sondern dass es weiterhin eine große Rolle bei der Beeinflussung der Klimamuster der Erde spielen wird.

Aber was können wir darüber sagen, wie der Klimawandel ENSO in Zukunft verändern wird? Vor allem, wenn wir nicht mit großer Sicherheit sagen können, ob der Klimawandel ENSO bereits jetzt beeinflusst.

Schematische Darstellung des Mechanismus für das vermehrte Auftreten von extremen El Niño unter der Erwärmung des Klimas

Schematische Darstellung des Mechanismus für das vermehrte Auftreten von extremen El Niño unter der Erwärmung des Klimas.

Sowohl im heutigen Klima (a) als auch im zukünftigen Klima (b) verschieben sich die Konvektionszonen im westlichen Pazifik und die ITCZ-Breiten während eines extremen El Niño-Ereignisses von ihren normalen Positionen (durch blaue Wolken angezeigt) in den östlichen äquatorialen Pazifik (durch rote Wolken angezeigt). Die Farbschattierung zeigt die mittleren SST-Werte und die schwarzen Konturen die SST-Anomalien an.

Unter Treibhausgas-induzierten Erwärmungsbedingungen tritt die Erwärmung überall auf, aber im östlichen äquatorialen Pazifik schneller, wodurch die zonalen und meridionalen SST-Gradienten verringert werden. Starke SST-Gradienten sind ein Hindernis für eine Verschiebung der Konvektionszonen. Daher können im zukünftigen Klima Verschiebungen der Konvektionszonen durch schwächere Änderungen der SST und damit der SST-Gradienten (angezeigt durch eine schwarze Kontur und durch grüne Pfeile) erleichtert werden, verglichen mit dem heutigen Klima, in dem stärkere Änderungen erforderlich sind (angezeigt durch zwei schwarze Konturen und rote Pfeile).

Quelle: nature climate change

Klimamodellprognosen deuten darauf hin, dass extreme El Niño- und La Niña-Ereignisse an Häufigkeit zunehmen könnten, und dass extreme El-Niño- und La-Niña-Ereignisse bis zum Ende des 21. Jahrhunderts unter aggressiven Treibhausgasemissionsszenarien von etwa einmal alle 20 Jahre auf einmal alle 10 Jahre zunehmen könnten.

ENSO-Extreme wie ungewöhnlich starke Niederschläge im östlichen Äquatorialpazifik während eines extremen El Niño und eine starke relative Abkühlung über dem zentralen Äquatorialpazifik während einer extremen La Niña werden voraussichtlich häufiger auftreten.

Die Niederschlagsextreme werden sich bei El Niño-Ereignissen entlang des Äquators im Pazifischen Ozean nach Osten und bei extremen La Niña-Ereignissen in einem wärmeren Klima nach Westen verlagern.

Diese Veränderungen stehen im Zusammenhang mit Veränderungen des Hintergrundklimas, wie z. B. der Abschwächung der atmosphärischen Walker-Zirkulation, und mit Veränderungen in der Zusammensetzung der Ozean-Atmosphären-Prozesse, die ENSO steuern.

Danach erwartet man, dass die in Klimamodellen hochgerechnete Verlangsamung der Walker-Zirkulation zu einer Abschwächung von Meeresströmungen im äquatorialen Pazifik führt. Dies verstärkt das Auftreten von Warmwasseranomalien an der Oberfläche, die sich nach Osten ausbreiten, was bislang schon bei extremen El Niño-Ereignissen beobachtet wird. Eine intensivere Erwärmung vor allem des östlichen äquatorialen Pazifik führt wahrscheinlich zu verstärkter Konvektion mit extremen Niederschlägen über dem äquatorialen Ostpazifik und zu markanten äquatorwärtigen Verlagerungen der pazifischen Konvergenzzonen. Beides sind Merkmale extremer El Niños.

Auch wird ein häufigeres Auftreten extremer La Niñas erwartet. Dies wird als Reaktion gesehen auf die häufigeren Extrem-El Niños, auf die verstärkte Erwärmung des Maritimen Kontinents und die erhöhte Erwärmung des Ozeans an der Oberfläche. Folglich werden ENSO-bezogene Wetterereignisse mit Katastrophencharakter und gravierenden sozio-ökonomischen Folgen bei unverminderten Treibhausgas-Emissionen wahrscheinlich häufiger auftreten.

Außerhalb des tropischen Pazifiks werden sich die Niederschlagsmuster möglicherweise nicht wesentlich ändern, aber die Niederschlagsextreme könnten ausgeprägter sein, wenn extreme El Niños und La Niñas an Häufigkeit und Ausmaß zunehmen.

Es wird erwartet, dass der Klimawandel im Allgemeinen zu intensiveren großen Tropenstürmen führen wird, obwohl sich die Gesamtzahl der Stürme nicht ändern oder sogar leicht abnehmen könnte. Es ist zu erwarten, dass ENSO in Zukunft auch tropische Stürme beeinflussen wird, da es die Entstehung von tropischen Wirbelstürmen im Atlantik, Pazifik und Indischen Ozean bereits heute erheblich beeinflusst. Wie genau sich ENSO-Veränderungen auf tropische Stürme auswirken werden, ist jedoch noch ein sehr offenes Forschungsthema.

Änderungen der Amplitude der ENSO-Variabilität der Meeresoberflächentemperaturen (oben) und der Niederschlagsanomalien (unten)

Änderungen der Amplitude der ENSO-Variabilität der Meeresoberflächentemperaturen (oben) und der Niederschlagsanomalien (unten)

Änderungen der Amplitude der ENSO-Variabilität der Meeresoberflächentemperaturen (oben) und der Niederschlagsanomalien (unten), gemittelt über die Niño3.4-Region für 1950-2014 aus historischen CMIP6-Klimamodellsimulationen und für 2015-2100 aus vier gemeinsamen sozioökonomischen Szenarien (SSP). Die dicken Linien stehen für den Mittelwert mehrerer Modelle, und die Schattierung entspricht der 5-95%-Spanne der CMIP6-Modelle für die historische Simulation (grau), SSP1-2.6 (blau) und SSP3-7.0 (rosa). Climate.gov Abbildung angepasst von Abbildung 4.10 im IPCC AR6 WG1 Physical Science Basis Bericht.

Quelle: ENSO Blog

ENSO im IPCC-Bericht

Auch die im jüngsten IPCC-Bericht verwerteten Klimamodelle sind sich über eine Veränderung der ENSO-bezogenen Meeresoberflächentemperaturen im nächsten Jahrhundert bei keinem der verwendeten Treibhausgasemissionsszenarien einig. Unabhängig von etwaigen Änderungen der ENSO-Meeresoberflächentemperaturen ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Niederschlagsvariabilität über dem östlichen und zentralen tropischen Pazifik in Szenarien mit mittleren bis sehr hohen Treibhausgasemissionen erheblich zunehmen wird. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass El Niño in dieser Region feuchter und La Niña trockener sein wird.

Wichtig ist, dass dies NICHT bedeutet, dass alle Klimamodelle in diesen Szenarien keine Veränderung von ENSO im nächsten Jahrhundert zeigen. Einige der Modelle zeigen durchaus Veränderungen. Das Problem ist, dass es keine eindeutige Übereinstimmung gibt, nicht nur zwischen den verschiedenen Modellen, sondern auch zwischen verschiedenen Durchläufen desselben Modells, die mit leicht unterschiedlichen Ausgangsbedingungen (Ensembles) erstellt wurden. Einige zeigen ENSO-Ereignisse mit größerer Amplitude. Andere prognostizieren Ereignisse mit geringerer Amplitude. Diese große Bandbreite an Ergebnissen hat dazu geführt, dass der IPCC wenig Vertrauen in die mögliche Veränderung von ENSO in einer sich erwärmenden Welt hat.

Da Veränderungen des ENSO-Phänomens das Potential zu einer der stärksten Manifestationen des anthropogenen Klimawandels besitzt, hat dieser Status große Bedeutung für die Verlässlichkeit der regionalen Zuordnung von Klimavariabilität und -wandel. Es gibt zwei Hauptgründe für die bestehenden Unsicherheiten: Zunächst ist der Mangel an ausreichend langen und umfassenden Beobachtungen der ENSO-Prozesse zu nennen, um Änderungen in der Vergangenheit aufspüren zu können. Es kann sein, dass wir ENSO noch einige weitere Dekaden beobachten müssen, um signifikante Änderungen erkennen und zuordnen zu können. Zum Zweiten stellt die Modellierung von ENSO mit gekoppelten globalen Klimamodellen (CGCMs) noch immer eine große Herausforderung dar, denn ENSO beinhaltet ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Prozesse in Ozean und Atmosphäre (Guilyardi, E.. et al., 2013).

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