Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Neutralphase

Bezeichnung für den Zustand des tropischen Pazifik und der darüber liegenden Atmosphäre während des Abschnitts des ENSO-Zyklus, in dem weder El Niño- noch La Niña-Bedingungen herrschen. Neutrale Bedingungen zwischen El Niño- und La Niña-Phasen können über mehrere Jahre hinweg andauern. Während Abschnitten mit ENSO-neutralen Bedingungen sind im Bereich des äquatorialen Pazifiks die Meerestemperaturen, die Niederschlagsmuster und die Windverhältnisse den Werten der langfristigen Mittel recht nahe.

Das Klima des äquatorialen Pazifiks agiert als gekoppeltes System, da der Zustand des Ozeans und der der Atmosphäre voneinander abhängen. Wenn sich die Bedingungen im Ozean ändern, reagiert die Atmosphäre darauf und umgekehrt. Die wichtigsten Indikatoren dieser Änderungen sind Luftdruck und Meerestemperatur.

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Die Neutralphase von ENSO

Im neutralen Zustand (weder El Niño noch La Niña) wehen Passatwinde von Ost nach West über die Oberfläche des tropischen Pazifiks und bringen warme, feuchte Luft und wärmeres Oberflächenwasser in Richtung des westlichen Pazifiks, dabei halten sie den zentralen Pazifik relativ kühl. Die Thermokline ist im Westen tiefer als im Osten.

Warme Meeresoberflächentemperaturen im westlichen Pazifik pumpen Wärme und Feuchtigkeit in die darüber liegende Atmosphäre. In einem Prozess, der als atmosphärische Konvektion bekannt ist, steigt diese warme Luft hoch in die Atmosphäre auf und verursacht, wenn die Luft feucht genug ist, aufsteigende Kumulonimbuswolken und Regen. Diese nun trockenere Luft bewegt sich dann nach Osten, bevor sie über den kühleren östlichen tropischen Pazifik absinkt. Das Muster der im Westen aufsteigenden und im Osten abfallenden Luft mit sich westwärts bewegender Luft an der Oberfläche wird als Walker-Zirkulation bezeichnet.

Quelle: BOM

Der Luftdruck
Während Jahren mit Neutralphasen (und auch bezogen auf den langjährigen Durchschnitt) ist der Luftdruck im wärmeren westlichen Teil des tropischen Pazifik (bezogen auf Darwin, Australien) niedrig, und relativ dazu höher im kühleren zentralen und östlichen Teil des tropischen Pazifiks (bezogen auf Tahiti). Luft strömt natürlicherweise von Gebieten mit höherem, in Gebiete mit niedrigerem Luftdruck. Wegen dieses Druckunterschieds, wird die innertropische Luft von der Küste Südamerikas als Passatwind in den Westpazifik getrieben.

Die Meeresoberflächentemperaturen
Die Sonne erwärmt das Wasser an der Oberfläche des Ozeans, aber die Passatwinde treiben das Oberflächenwasser mittels Reibung von Ost nach West im Pazifik. Kaltes Wasser aus der Tiefe strömt nach oben und ersetzt das verdriftete Wasser in einem Prozess, der als Upwelling (Auftrieb) bezeichnet wird. Während neutraler Bedingungen wird im Ostpazifik Wasser entlang des Äquators und vor der südamerikanischen Küste aufgetrieben. Da diese Wassermassen aus der Tiefe stammen, sind sie kalt und nähstoffreich.
Wenn die von den Passaten verdrifteten Wassermassen im Westpazifik ankommen, verhindern Landmassen ihr weiteres Vorankommen, so dass sich dort der Wasserkörper aufwölbt, was den Meeresspiegel um Indonesien ca. einen halben Meter höher werden lässt gegenüber den Küstengewässern vor Ecuador. Der ca. 150 m mächtige Körper warmen Wassers im Westen drückt die Thermokline nach unten, während die Thermokline im Osten ansteigt und nur ca. 30 m mächtig ist. Wenn das Wasser im Westen akkumuliert und stagniert, setzt sich seine Erwärmung fort. Normalerweise sind die Meeresoberflächentemperaturen im Westpazifik ca. 8 °C höher als im Ostpazifik.

Das gekoppelte System
Da oberflächennahe Winde in Richtung der Gebiete mit warmem Oberflächenwasser wehen, verstärkt der Unterschied der Meeresoberflächentemperaturen (SST) zwischen dem kühleren Ostpazifik und dem wärmeren Westpazifik die Passatwinde während Neutralbedingungen. Dieser Ost-West-Gradient der SST verursacht starke Ostwinde, welche Wasser nach Westen zwingen und das Upwelling von kaltem Wasser im Osten verstärken. Das kalte, aufgetriebene Wasser erhöht seinerseits den Ost-West-Gradient der SST und verstärkt weiter die starken östlichen Passatwinde über dem Pazifik. Auf diese Weise schaffen der Ozean und die Atmosphäre ein gekoppeltes System, das diesen Prozess fortsetzt, bis er unterbrochen wird.

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