Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

System Erde

Der oft mit dem Terminus "Erdsystem" (engl. "earth system") synonym gebrauchte Begriff bezieht sich auf die interagierenden physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse der Erde. Das System besteht aus den Landmassen, den Ozeanen, der Atmosphäre und den vor allem an den Polen konzentrierten Eisregionen. Es umfasst die natürlichen Kreisläufe des Planeten, wie z.B. die Kreisläufe des Kohlenstoffs, des Wassers, des Stickstoffs, des Phosphors, des Schwefels und weiteren Stoffen, sowie Prozesse im Erdinneren. Auch das Leben ist ein wesentlicher Bestandteil des Erdsystems. Es beeinflusst beispielsweise Zyklen und Prozesse von Kohlenstoff, Stickstoff, Wasser, Sauerstoff und vielen weiteren.

Das Konzept des Erdsystems schließt auch die menschliche Gesellschaft mit ein. In vielen Fällen ist der Mensch der wesentliche Verursacher von Veränderungen im System Erde.

In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hat sich eine fundamentale Wende im Denkansatz der Wissenschaften von der Erde vollzogen. Bis dahin hatten die einzelnen Komponenten des Erdsystems im Vordergrund wissenschaftlichen Interesses gestanden und waren von getrennten Disziplinen erforscht worden: die Ozeane von der Meereskunde, die Atmosphäre von der Meteorologie und Klimaforschung, die feste Erde von Geologie, Geochemie und Geophysik, und so weiter. Auch die vom Menschen verursachten Umweltprobleme wurden isoliert betrachtet, z.B. Luftbelastung, Wasserverschmutzung, Ozonloch, Klimawandel.
Mit dem dramatischen Anwachsen des Einflusses menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt entstand der Begriff „Globaler Wandel“, der ausdrückt, dass sich unsere Umwelt im globalen Maßstab verändert und gleichzeitig quer durch alle Erdsystemkomponenten und wissenschaftliche Disziplinen erstreckt. Jede Änderung in einer einzelnen Komponente kann das ganze System beeinflussen, und Fernwirkungen und Rückkopplungen sind zentrale Eigenschaften des Erdsystems. Verändert man zum Beispiel die Zusammensetzung der Atmosphäre durch Zugabe von Kohlendioxid (CO2), so erwärmt sich das Klima, der Meeresspiegel wird höher, Gletscher schmelzen ab und Pflanzen wachsen schneller. Diese Änderungen wiederum beeinflussen die Zusammensetzung der Atmosphäre, wodurch vielfache Rückkopplungen und Querverbindungen entstehen.

System Erde

Das Erdsystem und seine Wechselwirkungen

Kompartimente des Erdsystems vom Erdkern bis zur oberen Atmosphäre und dem Strahlungsgürtel. Die Pfeile zeigen den Transfer von Masse, Wärme und Strahlung oder Kräfte zwischen den Kompartimenten. Pfeile in beide Richtungen bedeuten, dass die Kompartimente durch Rückkopplungen miteinander verbunden sind. Pfeile, die nur in eine Richtung führen, stehen für externe Antriebe, die auf das Kompartiment einwirken, d. h. die Eigenschaften des Systems reagieren auf den Einfluss, ohne dass die Einflussquelle selbst beeinflusst wird.

Das Erdsystem umfasst dabei ein gewaltiges Spektrum von Zeitskalen: von Milliarden Jahren für den Erdmantel bis hin zu Jahren oder weniger für Gase in der Atmosphäre. Antriebe durch menschliche Aktivitäten sind auf der rechten Seite dargestellt. Die moderne Systemtheorie besagt, dass das menschliche Verhalten durch Rückkopplungen mit dem Erdsystem beeinflusst wird. Diese Wechselwirkung ist hier dargestellt.

Quelle: Erdsystemwissenschaft (Leopoldina)

 

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