Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Telekonnektionen

Telekonnektionen sind signifikante Fernwirkungen oder Fernbeziehungen in der atmosphärischen Zirkulation, die als klimatische Verbindungen zwischen Anomalien an verschiedenen, räumlich getrennten Orten auftreten.

Die Auswirkung einer Anomalie des einen Ortes auf die klimatischen Bedingungen des anderen Ortes kann von ganz unterschiedlichen Einflüssen abhängen, z.B. von der Dauer der Anomalie, ihrer Intensität, der Jahreszeit und von der Distanz zwischen der Anomalie und dem beeinflussten Ort. Für die wichtigsten Telekonnektionen wurden Indizes ermittelt, die einen Hinweis auf die jeweils aktuelle Phase liefern.

Zur Berechnung werden im Allgemeinen Messwerte wie z.B. Luftdruck und Temperatur an bestimmten Orten verwendet. Die Berechnungen sind meist so gewählt, dass die Indizes gegensätzlicher Ausprägungen verschiedene Vorzeichen haben. Es werden daher positive und negative Ausprägungen der Telekonnektionen unterschieden.

Viele Telekonnektionsmuster verhalten sich wie eine Wippe, bei der sich die atmosphärische Masse/der atmosphärische Druck zwischen zwei weit voneinander entfernten Orten hin- und herbewegt - ein Anstieg des atmosphärischen Drucks an einem Ort führt beispielsweise zu einem Druckabfall irgendwo weit, weit entfernt. Es gibt sogar Belege dafür, dass Wikinger-Siedler die gegensätzlichen Druckmuster zwischen Grönland und Europa aus der Zeit um 1000 n. Chr. bemerkten, was heute als Nordatlantische Oszillation (NAO) bezeichnet wird.

NAO Temperaturmuster

NAO Temperaturmuster

Late winter temperatures compared to the 1981-2010 average when the North Atlantic Oscillation (NAO) was strongly negative (top, Jan-March 2010) and when it was strongly positive (bottom, January-March 1990). Winters are often cooler than average across the mid-latitudes when the NAO is negative, and warmer than average when it is positive. NOAA Climate.gov image, based on data from the Physical Sciences Lab.

Quelle: NOAA

Einer der berühmtesten Treiber von Telekonnektionsmustern ist ENSO, auch bekannt als El Niño/Südliche Oszillation. Die "Südliche Oszillation" bezieht sich auf Veränderungen des Meeresspiegeldrucks, die sich über dem östlichen tropischen Pazifik und über Indonesien konzentrieren. Dicht gefolgt vom Pazifik-Nordamerika-Muster (PNA), einem oszillierenden Druckmuster über dem Pazifischen Ozean und Nordamerika, das die Temperaturen und Niederschläge in Nordamerika und Europa beeinflusst.

SOI Druckmuster

SOI Druckmuster

Dargestellt ist die Abweichung vom durchschnittlichen Meeresspiegeldruck in Wintern, in denen der Southern Oscillation Index stark positiv (oben) oder negativ (unten) ist. Während La Niña (positiver SOI) ist der Druck über dem zentralen Pazifik in der Nähe von Tahiti höher als der Durchschnitt (rot) und über Australien niedriger als der Durchschnitt (grau). Während El Niño ist der SOI negativ, und die Anomalien kehren sich um.

Quelle: NOAA

Der britische Mathematiker und Klimatologe Sir Gilbert Walker war zu Beginn des 20. Jh. der erste, der auf Zusammenhänge von Witterungserscheinungen und Klimaanomalien in weit auseinanderliegenden Gebieten hinwies. Die Bezeichnung Telekonnektion wurde 1935 erstmals in einem Artikel des schwedischen Meteorologen Anders K. Ångström verwendet. 1975 erschien eine Arbeit der deutschen Meteorologen Hermann Flohn und Heribert Fleer über Telekonnektionen und ihre Relation zu klimatischen Änderungen im äquatorialen Pazifik.

Die Hypothese derartiger Fernwirkungen von ENSO wird durch geophysikalische Belege oder statistische Korrelationen (räumlich und zeitlich) gestützt. Als Erklärung für die Fernwirkungen der Klimastörung über den gesamten Globus wurde auch die Chaostheorie herangezogen. Doch ist diese Erklärung als wenig gesichert anzusehen, was im Stichwort "Chaostheorie" näher erläutert ist.

Die Grundlage für Telekonnektionsmuster sind großräumige atmosphärische Wellen, insbesondere Rossby-Wellen, benannt nach dem weltbekannten Meteorologen Carl-Gustaf Rossby. Rossby-Wellen können Tage bis Monate andauern und von einigen hundert Kilometern Länge bis hin zur Ausdehnung über den gesamten Planeten reichen! Wir bezeichnen die Routen, die Rossby-Wellen zurücklegen, als "Informations-Superhighways", da die Wellen Informationen transportieren, die das Wetter entlang ihrer Pfade beeinflussen können.

Was genau ist die Information, die Rossby-Wellen übertragen? Wenn man eine Welle sieht, die sich auf der Wasseroberfläche bewegt, gibt es Wellenberge und -täler in der Wasserhöhe. Das Gleiche geschieht in der Atmosphäre mit einer Rossby-Welle - während die Rossby-Welle durch die Atmosphäre läuft, erzeugen die Wellenberge und -täler Regionen mit hohem und niedrigem Luftdruck. Diese resultierenden Druckmuster, d. h. die von den Rossby-Wellen übertragenen "Informationen", beeinflussen Temperatur, Niederschlag, Wind usw. Kurz gesagt, Rossby-Wellen sind von grundlegender Bedeutung für Telekonnektionsmuster!

Rossby-Welle

Rossby-Welle

Wenn eine Rossby-Welle den Jetstream der nördlichen Hemisphäre in den mittleren Breiten stört, wird wärmere Hochdruckluft polwärts in die Wellenberge und kühlere Luft mit niedrigerem Druck äquatorwärts in die Tröge transportiert. Der Jetstream wird zu einem Wellenleiter, der die Oszillation der Rossby-Welle steuert.

Quelle: NOAA Climate.gov

Wie einleitend im Kapitel "Globale Auswirkungen" schon angemerkt, sind diese Auswirkungen keinesfalls eindeutig beweisbar oder zuzuordnen.

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