Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Torfwald

Engl. peat swamp forest; syn. Torfsumpfwald oder Torfmoorwald; auf Torfuntergrund stockende tropische Feuchtwälder, wo wassergesättigte Böden die vollständige Zersetzung von abgestorbenem Pflanzenmaterial verhindern. Mit der Zeit bildet sich unter diesen Bedingungen eine dicke Schicht von saurem Torf. Typischerweise sind Torfsumpfwälder von Tieflandregenwald auf besser entwässernden Böden umgeben und auch von Brackwasser- oder Salzwasser-Mangrovenwäldern in Küstennähe.

Torfsumpfwälder gibt es vor allem in den immerfeuchten Tropen Indonesiens, wo sich die größten Torfwaldgebiete weltweit befinden. Sie bedecken etwa elf Prozent der Landesfläche (rund 20 Millionen Hektar). Auf Torf wachsende Wälder sind als Ökosystem kaum bekannt und wissenschaftlich wenig erforscht. Überwiegend handelt es sich um ombrogene (niederschlagsgespeiste) Systeme im Tiefland, die eine natürliche Vegetation mit Torfsumpfwald auf Torfschichten tragen, die von 0,5 m bis zu ca. 20 m Mächtigkeit aufweisen. Etwa 50 % der Torfschichten sind über 2 m mächtig. Fast die gesamten indonesischen Torfflächen befinden sich auf den drei großen Inseln Borneo (Kalimantan), Neuguinea (Irian Jaya) und Sumatra.

Erstaunlich ist, dass auf diesen viele Meter dicken Torflagern Wälder wachsen, deren Bäume bis fünfzig Meter hoch werden können. Torf ist ein extrem nährstoffarmes, fast lebensfeindliches Bodensubstrat. Nur spezialisierte Pflanzen können dort überleben und gedeihen. Daher ist die Vegetation im Torfsumpfwald einzigartig.

Die Artenvielfalt ist mit bis zu 120 Baumarten pro Hektar nicht so hoch wie im Tieflandregenwald, jedoch wesentlich höher als in den Wäldern der gemäßigten Breiten. Typisch ist eine Vielfalt Fleisch fressender Kannenpflanzen, die hier wegen der Nährstoffarmut ideale Bedingungen finden. In den letzten Jahren wurden in Borneo die Torfwälder Zentral-Kalimantans letztes Rückzugsgebiet für den Orang-Utan.

Viele der Kenntnisse über diesen Waldtyp hat erst Jack Rieley von der Universität Nottingham (England) seit Mitte der 1990er Jahre gewonnen. Er bestimmte zusammen mit Kollegen durch Bohrungen die Dicke und das Alter der Torfflöze in Südborneo. Sie reichen mancherorts bis zu 18 Meter tief. Rieleys Radiokarbonmessungen zeigten, dass sich die Torflager in den letzten 20.000 Jahren gebildet haben. Dabei wurden riesige Mengen Kohlendioxid (CO2) fixiert. Ursachen für die Torfbildung in der Sundaschelf-Region sind ein extrem geringes Gefälle des Geländes, der ansteigende Meeresspiegel nach der letzten Eiszeit und die großen Wassermassen, welche die Flüsse aus dem Landesinneren in die Küstenebenen bringen. In der Regenzeit staut sich das Wasser und überflutet den Waldboden monatelang.

Torfsumpfwälder sind Kohlenstoffspeicher großen Ausmaßes mit entsprechend großer Bedeutung für das globale Klima. Mit 3.000 bis 6.000 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar speichern die tropischen Torfsumpfwälder bis zu 50 Mal so viel Kohlenstoff wie eine gleich große Fläche Regenwald auf einer anderen Bodenart (120 bis 400 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar). Damit trägt die zunehmende Umwandlung und Zerstörung der Torfmoorwälder mit über drei Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr zum Klimawandel bei. Zwei Milliarden Tonnen davon entfallen allein auf Südostasien, 90 Prozent davon wiederum auf Indonesien. Letzteres entspricht acht Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Torfsumpfwälder und mit ihnen der Torfuntergrund (Torffeuer, Zersetzung/Oxidation von Torf durch die Entwässerung der Torfgebiete) fallen vor allem der Holzindustrie, der Umwandlung in Palmölplantagen und für andere landwirtschaftliche Nutzung (z.B. Mega Rice Project) zum Opfer. Seit 1985 steigen die Emissionen aus der Zerstörung von Torfsümpfen rapide an.

In der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts wurden die tropischen Torfgebiete mit Rekordgeschwindigkeit entwaldet, wobei nach neuen Trends zu befürchten ist, dass fast der gesamte Torfwald auf Sumatra und Kalimantan bis 2020 verschwunden ist. Der größte Teil dieser Torfgebiete bleibt für eine bestimmte Zeit in einem degradierten Zustand, bevor er wieder zu Wald wird oder in Plantagen oder Ackerland umgewandelt wird. Gewöhnlich benötigt die letztgenannte Umwandlung wenigstens 5 bis 10 Jahre. Der größte Teil dieser ungenutzten und weitgehend entwaldeten Torfgebiete wird entwässert, obgleich nicht in gleichem Maße wie Plantagen und Ackerflächen in derselben Landschaft. Die Entwaldung und die Drainage von Torfgebieten führen zu Kohlenstoff-Emissionen, aber die Emissionsraten variieren je nach Bewirtschaftungsbedingungen, einschließlich der Tiefenlage des Grundwasserspiegels.

Torfsumpfwald mit Schwarzwasserfluss subsidence dam_in_logging_channel_sebangau

Torfsumpfwald mit Schwarzwasserfluss

Saure und nährstoffarme Schwarzwasserflüsse durchziehen Indonesiens Torfsumpfwälder

 

 

 

 

Bodensenkung durch Drainage
in einer indonesischen Palmölplantage

Die Senkung kann bis zu 50-75 cm im ersten Jahr frisch drainierter Gebiete betragen; die Rate kann sich nach ca. 5 J. auf ca. 5 cm/a einpendeln.

Quelle: Jauhiainen Jyrki, FAO

Sebangau Dam

Damm, der vom WWF-Indonesien errichtet wurde, um einen der illegalen Abholzungskanäle zu blockieren, die den Sebangau-Nationalpark in Zentralkalimantan entwässern. Der junge Wald hinter dem Damm hat sich in einem Gebiet regeneriert, das völlig verbrannt war. Der ursprüngliche tropische Torfsumpfwald ist weit im Hintergrund zu sehen.  

Quelle: © Marcel Silvius, Wetlands International

 

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