Das ENSO-Phänomen

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Indikatoren

Indikatoren für ENSO-Ereignisse

Einleitung

Verlässliche meteorologische Daten, die für eine historische Betrachtung von ENSO geeignet sind, liegen erst seit ca. 1850 vor, ozeanographische Daten erst seit ca. 80 Jahren. Der Niño 3.4-Index kann bis auf das Jahr 1870 zurück geschätzt werden. Es ist jedoch sehr schwierig, irgendeine Art von Instrumentenaufzeichnungen vor diesem Datum zu pflegen. Die weltweite Einrichtung von Wetterstationen erfolgte vielerorts erst nach der Gründung der Internationalen Meteorologische Organisation im Jahr (heute WMO) 1873 in Wien. Vor dem 19. Jahrhundert fehlte eine systematische Wetterbeobachtung fast vollständig. Um El Niño-Ereignisse vor diesem Datum zu rekonstruieren, müssen alternative Quellen verwendet werden, wie z.B. natürliche Archive oder Hinweise auf El Niño-bezogene Phänomene in schriftlichen Aufzeichnungen.

Klimaforscher und Ozeanographen bedienen sich daher auch indirekter Quellen, der sogenannten Indikatoren, um meteorologische Daten zu erhalten und damit Rückschlüsse auf El Niño- bzw. La Niña-Ereignisse (Intensivität, Häufigkeit, Auswirkungen etc.) ziehen zu können. Man spricht dabei auch von Ersatzdaten oder Proxidaten. Mit der Zuhilfenahme solcher Daten kann man die durch Instrumentenmessreihen auferlegten zeitlichen Beschränkungen umgehen und nach Anzeichen von Umweltveränderungen in der Vergangenheit forschen. Gleichzeitig folgt man dem aktualistischen Ansatz, bei dem man das heutige Ursache-Wirkung-Verständnis in die Vergangenheit projiziert und so zu einer akzeptablen Interpretation früherer Verhältnisse findet.

Noch schwieriger ist die Datensituation für prähistorische Zeiten, die naturgemäß nur mit Proxidaten entschlüsselt werden können. Eine der wichtigsten Fragen ist dabei die nach dem genauen Zeitpunkt, bis zu dem sich prähistorische El Niños zurückverfolgen lassen. Hier herrscht noch Unstimmigkeit unter den Wissenschaftlern. Während manche dies erst ab 5.000 v.Chr. zugestehen, glauben andere Belege für heftige Niederschlagsereignisse in Peru zu haben, die vor 8.000 und sogar vor 40.000 Jahren stattfanden. Die Rekonstruktion der Meerestemperaturen über die Analyse von fossilen Foraminiferen für die Zeit von 21 bis 1 Mio Jahren v.h. ergab für das späte Tertiär einen Unterschied zu beiden Seiten des Isthmus von Panama (Smolka 1991). Dies weist darauf hin, dass die Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika fertig war, Pazifik und Atlantik separate ozeanische und meteorologische Entwicklungen begannen und damit auch eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung des ENSO-Systems geschaffen war.

Die Instabilität der El Niño-Telekonnektionen im Zeitverlauf führt zu Problemen bei allen auf Telekonnektionen basierten Rekonstruktionen. Bei der Suche nach Indikatoren ist es für manche naheliegend, wenn man sich auf die primären und relevantesten Auswirkungen im Raum des Pazifik und seinen Randgebieten konzentriert, bevor man mit abnehmender Zuverlässigkeit sich in fernere Regionen begibt, schließlich ist ENSO ein originär pazifisches Phänomen.

Gegenwärtig wird davon ausgegangen, dass die robustesten historischen Rekonstruktionen von El Niño aus Aufzeichnungen mehrerer Telekonnektionenregionen auf der ganzen Welt sowie aus dem Ost- und Westpazifik in Kombination hergestellt werden. Eine Reihe solcher Multi-Proxy-Rekonstruktionen wurde generiert, die in der Regel Serien von ENSO-Belegen mit weiteren Rekonstruktionen aus den "natürlichen Archiven" kombinieren. (Grove & Adamson 2018)

Global teleconnection patterns associated with El Niño events

Globale Telekonnektionsmuster in Verbindung mit El Niño-Ereignissen

Globale Telekonnektionsmuster in Verbindung mit El Niño-Ereignissen, mit überlagerten ENSO-sensitiven, hochauflösenden Proxies aus mehreren Jahrhunderten.
C’ bezeichnet Korallen-Proxys aus dem Great Barrier Reef, Neukaledonien, Rarotonga und Galapagos.
T’ bezeichnet Jahrring-Proxys aus Indonesien, dem Südwesten der USA und Mexiko.
I’ bezeichnet einen Eiskern-Proxy von der Quelccaya-Eiskappe.
H’ bezeichnet historische Dürre-, Niederschlags- und Abflussdaten aus Südamerika, Indien, Ägypten und China.

Quelle: Fowler et al. 2008

Geschichtliche Quellen

Berichte über Abweichungen des Klimas vom Normalzustand sind lange bekannt. Daneben ist in alten Dokumenten aus der Kolonialzeit oft das menschliche Leid festgehalten, das damals aus Unwettern, Überschwemmungen oder Dürren resultierte. Auch die Aufzeichnungen von Ernteausfällen, dem naturbedingten Verlust von Besitz, von Ungezieferbefall, von Bränden und Epidemien oder über die Häufung von Schiffsunglücken können als Hinweise auf eine El Niño- bzw. eine La Niña-Episode in jener Zeit gewertet werden. Hinweise auf solche Ereignisse finden sich oftmals indirekt, z.B. als Anträge von Kleinbauern auf Beihilfen oder als Anträge von Plantagenbesitzern (Zucker, Baumwolle oder Kakao) auf Steuernachlass bei den Autoritäten in Lima wegen Missernten.

Der Pionier der Auswertung von schriftlichen Quellen war William Quinn (1987 u.w.J.). In einer Reihe von Papieren aus den späten 1970er bis 1990er Jahren rekonstruierte Quinn El Niño durch Verweise auf die El Niño-bezogenen Phänomene bzw. Parameter in Peru (Meeresspiegel und -temperatur, Niederschläge, Schäden an der Infrastruktur und Veränderungen der Meeresfauna), die in spanischen Kolonialarchiven gespeichert sind. Seine Chronologie geht auf die ersten schriftlichen Aufzeichnungen der Region zurück, beginnend mit dem spanischen Eroberer Vasco Núñez de Balboa, der im Jahr 1513 als erster Europäer den Pazifik (von ihm Mar del Sur genannt) von der Neuen Welt aus erreichte. Sie wurde aus Schiffslogbüchern, den Tagebüchern der Eroberer, den Aufzeichnungen von Missionaren, Regierungen, Piraten und Freibeutern, Ingenieuren, Zeitungsberichten und den Schriften früher Forscher aus allen Disziplinen der Natur- und Geisteswissenschaften zusammengestellt. Da die meteorologischen Phänomene, die während der El Niño-Veranstaltungen in der Region auftreten, deutliche Unterschiede zur Norm aufweisen, ist die dokumentierte Aufzeichnung von El Niños in dieser Region sehr aussagekräftig. (Grove & Adamson 2018)

Map of northern Peru

Karte von Nordperu

Die Karte zeigt die Lage von Trujillo und den Städten Chiclayo und Piura, sowie die wichtigsten Flüsse der Region.

Die Stadt Trujillo, Peru, wurde 1534 an der Stelle einer früheren Siedlung der prähispanischen Kulturen der Moche und Chimu gegründet. Das Stadtzentrum, Plaza de Armas, liegt bei 8°6'3''S, 79°1'34'' W, mit einer Höhe über dem mittleren Meeresspiegel von 31 m. Trujillo ist die Hauptstadt des Departamento de La Libertad, das eine Fläche von etwa 25 500 km² umfasst. Es lassen sich drei Hauptregionen unterscheiden: Küsten-, Berg- (über 2000 m) und Amazonasgebiet.
Trotz der Trockenheit ist die Küste der am dichtesten besiedelte Teil; Trujillo liegt im breiten Tal von Santa Catalina, das im Osten von den Anden und an anderer Stelle von hügeligem Gelände umgeben ist. Der Río Seco, ein saisonaler Fluss, fließt im Norden der Stadt. Der Fluss ist Teil eines komplexen Netzwerks von Bächen, die meist trocken sind, außer während ENSO-Episoden, dann können sie zu gefährlichen Strömen werden. Der wichtigste Fluss der Region ist jedoch der Moche, mit einem Wassereinzugsgebiet von 2708 km² und einer Länge von 104 km von der Quelle in den Anden, auf 4000 m NN, bis zur Mündung in den Pazifik, in der Nähe der Stadt Trujillo.

Quelle: Garcia-Herrera et al. 2008

Beispielsweise Garcia-Herrera et al. (2008) präsentieren eine Chronologie der El Niño-Ereignisse, die auf dokumentarischen Aufzeichnungen aus dem Norden Perus basiert (Chronological list and description of El Niño (EN) events). Die Chronologie, die den Zeitraum 1550-1900 umfasst, besteht hauptsächlich aus Primärquellen aus der Stadt Trujillo (Peru), dem Archivo General de Indias in Sevilla (Spanien) und dem Archivo General de la Nación in Lima (Peru), ergänzt durch eine Neubewertung der in zuvor veröffentlichter Literatur enthaltenen Dokumentationsnachweise. Reichlich Niederschläge und Abflussmengen von Flüssen korrelieren gut mit El Niño-Ereignissen in der Gegend um Trujillo, die in den meisten anderen Jahren sehr trocken ist. So sind Regen- und Überschwemmungsdeskriptoren zusammen mit Berichten über den Zusammenbruch der lokalen Fischerei die wichtigsten Indikatoren für das Auftreten von El Niño, nach denen die Autoren in den Dokumenten gesucht haben. Insgesamt 59 El Niño-Jahre werden in dieser Arbeit identifiziert. Diese Chronologie wird mit den beiden wichtigsten früheren dokumentarischen El Niño-Chronologien und mit ENSO-Indikatoren verglichen, die aus anderen Proxydaten als dokumentarischen Quellen stammen. Insgesamt scheint das siebzehnte Jahrhundert die am wenigsten aktive El Niño-Periode zu sein, während die 1620er, 1720er, 1810er und 1870er Jahre die aktivsten Jahrzehnte sind. Die hierin enthaltenen Ergebnisse zeigen langfristige Schwankungen der warmen ENSO-Aktivität, die im Vergleich zu niederfrequenten Variabilitäten, die aus anderen Proxy-Daten abgeleitet wurden, recht gut in Einklang stehen.

Northern Peru river flow

Wasserführung nordperuanischer Flüsse

Kompositum des kombinierten saisonalen Zyklus der Abflüsse für die Flüsse Moche, Chicama und Virú für ENSO- (durchgezogene Linie) und Nicht-ENSO-Jahre (gestrichelte Linie) im Zeitraum 1983-2002.
Schattierte Bereiche zeigen ±1 σ-Niveau (wobei σ die Standardabweichung für die Nicht-ENSO-Jahre bezeichnet).

Es ist ein klarer saisonaler Zyklus erkennbar, mit maximalem Durchfluss zwischen März und Mai, in Übereinstimmung mit der saisonalen Entwicklung des Niederschlags. Der Einfluss von warmen ENSO-Ereignissen ist ebenfalls offensichtlich, besonders in den Monaten mit Spitzenabfluss. Der größte Teil des Beitrags zu diesen Flüssen kommt aus dem feuchteren Teil des Einzugsgebiets, der sich oberhalb von 1500 m befindet, mit einem jährlichen Durchschnittsniederschlag zwischen 200 und 1200 mm.

Quelle: Garcia-Herrera et al. 2008

Zu beachten ist, dass dieser Ansatz keine Kalt-Ereignisse (La Niña) erkennen kann, denn die extreme Trockenheit, die in den El Niño-freien Jahren in diesem Gebiet herrscht, besteht, unabhängig davon, ob es sich um Jahre handelt mit Neutral- oder mit La Niña-Bedingungen. Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass El Niño-Ereignisse nicht immer in der Stadt Trujillo selbst aufgezeichnet werden, obwohl sie in der Umgebung auftreten können. Dies war zum Beispiel 1957-58 der Fall, als Trujillo keine anormalen Regenfälle meldete, Chiclayo und Piura hingegen wohl. Die historischen Dokumente, die in Trujillo gefunden wurden, beschreiben jedoch oft Bedingungen, die in einem viel größeren Gebiet um die Stadt herum zu finden sind.

Aus der Archäologie wissen wir, dass die Inkas ihre Städte auf Hügeln bauten, u.a. um Überschwemmungen zu vermeiden. Vorratslager für Nahrungsmittel wurden in den Bergen angelegt. Wenn sie an der Küste bauten, vermieden sie die Nähe von Flüssen.

Das wahrscheinliche Auftreten eines El Niños wurde immer dann angenommen, wenn mehrere Autoren derartige Phänomene unabhängig voneinander erwähnten. Die ersten, die solche Abweichungen schriftlich belegten, waren Konquistadoren aus der Zeit der spanischen Eroberung der pazifischen Küstenländer. Seefahrer, die die süd- und mittelamerikanischen Küsten befuhren, bemerkten starke Veränderungen ihrer Reisedauer infolge stärkerer oder schwächerer Strömungen und Winde. Während eines El Niños kommt es unter anderem zu ungewöhnlich starken Niederschlägen, somit zu Hochwasser in Flüssen, veränderten Ernteerträgen, häufigem Auftreten von Schädlingen, über die Aufzeichnungen in Archiven zu finden sind. Außerdem wurde über sehr hohe Temperaturen in den Küstenstädten berichtet. Mit Hilfe dieser Aufzeichnungen, die seit dem 16. Jahrhundert vorliegen, kann man den Verlauf eines El Niños rekonstruieren.

Jedoch sind geschichtliche Quellen zum Teil ungenau und unvollständig und berichten nur über besonders ausgeprägte Ereignisse. Man kann also keine genaue Anzahl der El Niños festlegen. Trotzdem sind diese Berichte sehr wertvoll, da sie zum Vergleich mit anderem Datenmaterial dienen. Es existieren Berichte über El Niños in den Jahren 1674/95, 1782 bis 1784, 1790 bis 1793, 1844 bis 1846, 1876 bis 1878, 1899/1900 und 1940/41.

Verschiedene Autoren haben - basierend auf der Auswertung der Literatur über Naturkatastrophen - Listen von El Niño- und auch La Niña-Ereignissen zusammengestellt. Dazu gehören Quinn et al. (1987), Whetton und Rutherford (1994) sowie Caviedes und Waylen (1991).

Francisco Pizarros Eroberung des Inka-Reiches (1531-32) soll sich während einer El Niño-Episode vollzogen haben. Zwar behinderten Starkniederschläge und überbordende Flüsse, die in Peru typischerweise nur während El Niños auftreten, Pizarros Vorankommen. Andererseits sorgten die gleichen Niederschläge für ausreichendes Futter und Tränkwasser für seine Pferde, die neben den Schwertern den wohl wichtigsten taktischen Vorteil gegenüber den Eingeborenen verkörperten. Zudem war bereits sein Vorstoß nach Süden auf See von ungewöhnlichen Rücken-, d.h. Nordwinden begünstigt.

Es finden sich aus jener Zeit auch erste historische Hinweise auf Fernwirkungen: Während spanische Archivberichte aus dem Jahr 1552 über zerstörerische Regenfälle an der Pazifikküste Perus berichten, klagten auf der Ostseite Südamerikas die Portugiesen, die dabei waren, ihre ersten Siedlungen anzulegen, über Trockenheit in den Jahren 1552 und 1553. Diese Koinzidenz ist insofern interessant, als die Zusammenhänge zwischen Dürren in NO-Brasilien und El Niño-Ereignissen im Pazifik erst zwischen 1970 und 1980 allmählich verstanden wurden.

Weitere Informationen:

Pegelmessungen/Hochwasserstände

Quinn (1992) verglich die Daten der Hochwasserstände am Nil (622 - 1900), die in Kairo aufbewahrt werden, und Pegel-Messungen am Blauen Nil und am Atbara (ab 1900) mit den Phasen der Südlichen Oszillation. Beide Ströme nehmen Zuflüsse aus dem westlichen Eritrea und aus dem äthiopischen Hochland auf, d.h. sie spiegeln die dortigen Niederschlagsschwankungen wider.

Da man weiß, dass die Dürreperioden in Ostafrika und im Sahel durch das Ausbleiben des Sommermonsuns im Westindischen Ozean verursacht werden und dass die Dürreperioden in der östlichen Hälfte von Afrika mit einer Änderung in der Sommerzirkulation in SO-Asien zusammenhängen, lassen sich Telekonnektionen mit der Südlichen Oszillation im Pazifik vermuten. Man nimmt an, dass die in historischen Quellen erwähnten ungewöhnlich niedrigen Niveaus des Nils in Zusammenhang standen mit den negativen Phasen der Südlichen Oszillation und die hohen Niveaus mit deren positiven Phasen. Die Aufzeichnung der Nilflut reicht bis 622 n. Chr. zurück, obwohl dies immer nur ein Hinweis auf El Niño geben kann, da der äthiopische Monsun neben ENSO mehrere Einflüsse hat .

Als Ergänzung der Korrelationen zieht man Berichte über Dürren, Überschwemmungen, Epidemien und Hungersnöte heran.

Gletscher(eis)analysen mit Eisbohrkernen

Eiskerne, die aus der ganzen Welt gesammelt wurden, liefern nicht nur Informationen über den regionalen Klimawandel; kombinierte Aufzeichnungen aus verschiedenen Kontinenten helfen uns auch, vergangene atmosphärische und ozeanische Prozesse in hemisphärischem bis hin zu globalem Maßstab zu rekonstruieren. Eines der wichtigsten Beispiele für die vernetzten ozeanisch-atmosphärischen Prozesse ist die El Niño-Southern Oscillation (ENSO).

Durch Messungen der jährlichen Zunahme an Gletschern und Eiskappen von Bergen kann man wichtige Erkenntnisse im Zusammenhang mit El Niño gewinnen. Zum Beispiel sind die jährlichen Zuwachsraten von Andengletschern abhängig vom El Niño-Phänomen: In El Niño-Jahren wird ein deutlich geringerer Zuwachs an Eis verzeichnet. Ferner sind in der Eiskappe der Quelccaya in Südperu (NW des Titicacasees) vom Auftreten des El Niño abhängige Staubablagerungen erkennbar. Sie gehen auf die mit El Niño einhergehende Trockenheit in den Hochebenen Südperus zurück. Von Eisbohrkernen gewonnene Klimadaten aus den Anden, darunter auch aus Quelccaya und Coropuna im Süden Perus, enthalten Belege für ENSO-Ereignisse in der chemischen Zusammensetzung des Eises. Auf der gegenüberliegenden Seite des Pazifikbeckens enthalten die Kerne des Dasuopu-Gletschers im zentralen Himalaya ähnliche ENSO-Signaturen.

Weitere Untersuchungen unternahm man am mit 6.439 Metern zweithöchsten Berg Boliviens: Ein Eisbohrkern aus den Gletschern am Nevado Illimani im ostbolivianischen Altiplano wurde verwendet, um Proxy-Daten für vergangene Klimabedingungen zu erhalten. Zu diesem Zweck wurden Aufzeichnungen der Ionenarten der oberen 59,2 m (Zeitraum 1887 ± 6 bis 1999 n. Chr.) analysiert. Dabei zeigt sich eine hohe Belastung mit überwiegend staubgebundenen Ionen. Dieses Signal ist auf monatlicher Basis invers mit den Niederschlägen auf dem bolivianischen Altiplano korreliert. Maxima in der Zeitreihe entsprechen der Trockenzeit auf dem Altiplano im südlichen Winter, während Minima in der Regenzeit von November bis März auftreten. Die interannuelle Variabilität der Proben belegt Korrelationen mit den Indizes der El Niño-Southern Oscillation (ENSO), die erhöhte (reduzierte) Staubwerte am Standort Nevado Illimani während warmer (kalter) Phasen aufweisen. Dieser Zusammenhang lässt sich durch die unterdurchschnittlichen (überdurchschnittlichen) Niederschläge im bolivianischen Altiplano während der El Niño- (La Niña-) Episoden erklären.

Für die Feststellung vergangener Temperaturverhältnisse ist das Verhältnis verschiedener Sauerstoffisotope in den Eisschichten von entscheidender Bedeutung. Wissenschaftler erwarten den Beleg für deutlich wärmere oder deutlich kältere Temperaturen während El Niño-Ereignissen, je nachdem, woher die Eisproben stammen.

Speläotheme

Höhlensinter (Speläotheme, z.B. Stalagmiten) haben sich während der letzten Dekade zu einem der wichtigsten Archive für paläoklimatologische und -hydrologische Untersuchungen entwickelt. Grund hierfür sind deutliche Fortschritte in der Analyse- und Datierungstechnik. Damit können nun Sinterbestandteile wie 18O, aber auch Spurenelemente mit vertretbarem Aufwand analysiert und die gewonnenen Zeitreihen mit dekadischer bis sub-annueller Auflösung auch meist vergleichsweise präzise mittels Uran-Thorium-Bestimmungen datiert werden. Auch mit der 14C-Methode ermöglicht Datierungen und führt zu einer Vielzahl umweltabhängiger Proxies. Die gewonnenen Datensätze lassen Rückschlüsse u.a. auf die Temperatur- und Niederschlagsentwicklung in der Vergangenheit zu.

Speläotheme (Tropfsteine) aus Höhlen bilden exzellente terrestrische Archive für paläoklimatologische und –hydrologische Untersuchungen. Sie können sehr genau mit der U/Th bzw. 14C Methode datiert werden und enthalten eine Vielzahl umweltabhängiger Proxies. Mittels stabiler Isotope (δ13C, δ18O), Spurenelementen und Fluideinschlüssen können die Klimavariabilität und die hydrologischen Veränderungen rekonstruiert werden.

Eine der Stärken von Speläothemen als Klima-Archiv ist ihre Nutzung bei der Rekonstruktion von atmosphärischen Zirkulationsmustern wie El Niño/Southern Oscillation (ENSO), Lageänderungen der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) oder der Nordatlantischen Oszillation (NAO). Im Rahmen von Modellierungen konnten sehr gut die Zusammenhänge zwischen δ18O und Klima für rezente Messwerte gezeigt werden.

Aufzeichnungen von Speläothemen (Stalagmiten) aus Höhlen in verschiedenen Höhenlagen in der peruanischen Anden enthalten detaillierte Klimainformationen über das Amazonasbecken in den letzten 25.000 Jahren. Durch die Analyse der Sauerstoff- und Kohlenstoffisotopen-Zusammensetzung von Speläothem-Aragonit und/oder -Calcit sowie der Wasserstoff- und Sauerstoffisotopen-Zusammensetzung von Einschlüssen der Speläothemflüssigkeit kann man kontinuierliche Isotopenaufzeichnungen erstellen, die Klimaphänomene wie die Kleine Eiszeit und die Jüngeren Dryas bis zurück ins letzte Eiszeitmaximum erfassen. Daten von verschiedenen Lokalitäten können hier ein Höhenprofil bilden, das es ermöglicht, die Dynamik der Intertropischen Konvergenzzone (ITCZ) und der ENSO-Schwingungen im tropischen Südamerika in ihrer Höhenabhängigkeit besser zu verstehen.

Terrestrisch-Biologische Indikatoren

Ein weiterer "Messfaktor" für vergangene El Niño-Ereignisse ist die unterschiedliche Wachstumsstärke von Bäumen (Dendrochronologie) befasst. Diese schlägt sich in den Wachstumsschichten ihrer Stämme, den Baumringen nieder. Breite Ringe stehen gewöhnlich für Niederschlagsreichtum während der Wachstumsperiode, schmale Ringe für Regenarmut.

In hochgradig El Niño-sensitiven Regionen ist der Niederschlagsgrad im Wesentlichen ein Maß für die Aktivität von El Niño und La Niña. Daher wurden mehrere Baumringrekonstruktionen als Proxy für ENSO verwendet. Es überrascht vielleicht nicht, dass sich Bäume aus dem indisch-pazifischen Raum als besonders sensitiv erwiesen haben, wobei Rekonstruktionen aus Teakholz (Tectona grandis) in Indonesien und Myanmar sowie aus dem Kauri-Baum (Agathis australis) in Australien zuverlässige Ergebnisse lieferten. In der Baumringchronologie von Myanmar (Abb. unten) fällt insbesondere das Teakholzwachstum im Jahr 1999 auf. Es ist das Jahr nach dem so genannten "El Niño des Jahrhunderts" von 1997-1998 und hat die niedrigsten Wachstumsraten aller untersuchten Jahre (1613-2009). Das Jahr 1998 weist auch den niedrigsten jährlichen Niederschlagswert für Zentralmyanmar auf. (D’Arrigo et al. 2013)

Tree-ring width chronology of teak for central Myanmar

Baumringbreiten-Chronologie von Teak für Zentral-Myanmar

Chronologie der Jahresringbreiten von Teak (in dimensionslosen Indizes oder Werten) für Zentral-Myanmar, von 1613-2009 n. Chr., mit Probentiefe (Anzahl der einzelnen Baumproben). Die Probentiefe liegt über einen Großteil der Chronologie nahe ihrem Höchstwert und nimmt vor der Mitte des 17. Jahrhunderts allmählich ab. Der Plot kennzeichnet die Zeit der Strange Parallels (SP) Dürre in den 1700er Jahren, die späte Victorian Great Drought (VGD) und den engen Ring zur Zeit des "El Niño des Jahrhunderts" 1997-98.

Die Myanmar-Teak-Chronologie korreliert negativ mit der Niño-3-SST (Jul-Aug, r = -0,27, p < 0,05, n = 60). Dies stimmt mit der Tendenz überein, dass positive Niño-3-SSTs, wie bei El Niño-Warmereignissen üblich, aufgrund der ostwärts gerichteten Wanderung der Walker-Zirkulation mit Dürrebedingungen und vermindertem Teak-Wachstum über Südostasien verbunden sind.

Quelle: PAGES news Vol 21, No 2, August 2013

Morales et al. (2012) präsentieren eine exakt datierte Niederschlagsrekonstruktion der letzten ca. 700 Jahre mit jährlicher Auflösung für den Altiplano. Die Grundlage ist eine Baumringchronologie von Polylepis tarapacana (Queñua-Krüppelbäume von wenigen Metern Höhe). P. tarapacana ist in den Anden von 16° bis 23° S zwischen 4000 und 5200 m NN verbreitet. Das Wachstum ist niederschlagsabhängig. Die Bäume können bis zu 700 Jahre alt werden. In den ausgewerteten nahezu 88.000 Baumringen von über 350 Bäumen ist ein ENSO-Signal enthalten. Über die Identifizierung von ENSO-Jahren werden feuchte und trockene Phasen ermittelt.

Auch im Südwesten der USA und im Nordosten Mexikos gedeihen einige der ENSO-empfindlichsten Bäume der Erde. Die ENSO-Telekonnektion in dieser Region gilt als ziemlich stark und stabil, so dass diese Regionen einige hochrobuste Rekonstruktionen hervorgebracht haben, insbesondere mit Hilfe der Douglasie (Psudotsuga menzisii) und verschiedenen Kiefernarten.

Hochverlässliche Rekonstruktionen (z.B. jene, bei denen eine enge Beziehung zu instrumentellen Messungen wie den Niño 3.4 SST besteht) wurden mit Hilfe von Baum-Beobachtungsnetzen auf beiden Seiten des Pazifiks und in anderen ENSO-Telekonnektionsregionen entwickelt. (Grove & Adamson 2018)

Die bisher älteste Baumring-Chronologie umfasst 10.000 Jahre. Dabei geht man von einer prägnanten Ringsequenz eines lebenden Baumes aus, dann sucht man in einem älteren toten Baum nach derselben Sequenz. Mit Hilfe solcher Überlappungen lässt sich die Chronologie immer weiter in die Vergangenheit verlängern.

Bandstrukturen und Chemismus von Korallenkolonien

Meereslebewesen müssen sich den Wetter- und Klimaverhältnissen und ihren schwankenden Bedingungen anpassen. Sie sind demnach "Zeitzeugen" der meteorologischen Veränderungen.

Die wichtigsten Nachweise für die Existenz des ENSO-Phänomens in der Vergangenheit stammen aus den Jahresringen der Kalkskelette von Korallen. Die meisten Korallen leben in den warmen tropischen und subtropischen Ozeanen, besonders an den Rändern vulkanischer Inseln im Pazifischen Ozean. Sie bauen den im Meerwasser gelösten Sauerstoff in ihre Jahresringe mit ein, sodass jede mit El Nino zusammenhängende Erwärmung des Wassers aufgrund der damit einhergehenden  Veränderung des δ18O/16O-Verhältnisses in ihren Skeletten aufgezeichnet wird.

Lange, bis in vor-anthropogene Zeiten zurückreichende geochemische Datenreihen über die ENSO-Variabilität können auch aus fossilisierten Korallen gewonnen werden. Calciumcarbonat ist in Wasser fast vollständig unlöslich, so dass Korallenskelette lange nach dem Tod des lebenden Tieres bestehen bleiben können. Diese können wie lebende Korallen analysiert werden und geben "Schnappschüsse" über die Aktivitäten von El Niño zu verschiedenen Zeitpunkten. Korallen aus dem zentralen Pazifik sind am nützlichsten: Fossile Korallen wurden z. B. auf Palmyra Island, Tabuaeran und Kiribati analysiert. Das Verfahren ist allerdings in Äquatornähe problematisch, da hier die Variation des Korallenwachstums im Jahresverlauf geringer ist als in höheren Breiten.

Jedenfalls belegen die Untersuchungen von fossilen Korallen aus dem Pazifik (letztes Interglazial, 124.000 Jahre vor heute), dass der ENSO-Mechanismus mit seinen interannuellen Schwankungen auch in wärmeren Zeiten als heute schon funktionierte. Das gleiche gilt für Perioden mit niedrigeren Temperaturen (s.u. Sedimentschichten).

Je nach chemischer Zusammensetzung des Ozeanwassers ändert sich auch der Gehalt der Kalkskelette an Spurenstoffen wie Kadmium, Barium und Mangan. Die Menge der Spurenstoffe im Ozeanwasser hängt wiederum eng mit dessen Temperatur zusammen, bzw. ist abhängig vom Ausmaß von Auftriebsvorgängen aus großen Ozeantiefen und/oder dem Zustrom von Flusswasser.

Korallenbohrkern mit Dichtebändern

Korallenbohrkern mit Dichtebändern

Drei Ansichten eines Korallenbohrkerns mit jährlichen Dichtebändern (von oben nach unten):

  • UV-Bild,
  • Röntgen-Bild und
  • Photo im sichbaren Licht.

Fossile Korallen liefern Momentaufnahmen vergangener Jahreszeiten und Veränderungen von Jahr zu Jahr während der Glazial-Interglazial-Zyklen und über Millionen von Jahren, die sich vom Holozän über das Pliozän bis zurück ins Miozän erstrecken.

Quelle: Zinke, J. et al. (2018)

Korallen absorbieren weniger Strontium, wenn die Temperatur steigt, und mit dem Strontium/Kalzium-Verhältnis können Temperaturen bis zu 0,5 K genau bestimmt werden.

Die Korallenriffe der Galapagos-Inseln, die eine Zeitspanne von 400 Jahren dokumentieren und der im Zentrum des vom ENSO-Phänomens betroffenen Gebiets liegenden Insel Huon in Neukaledonien, die insgesamt 130.000 Jahre umfassen, wurden auf die δ18O/16O-Verhältnisse untersucht. Für besonders alte Proben untersucht man das Verhältnis von Kohlenstoffisotopen (δ14C/12C).

Neuere Untersuchungen an bis zu 7.600 Jahre alten Korallen vor der Nordküste Papua-Neuguineas zeigen, dass die mit El Niño zusammenhängenden Schwankungen teilweise stärker waren, als das El Niño-Ereignis von 1997/98, immerhin das stärkste des 20. Jahrhunderts. Dies steht teilweise im Widerspruch zu früheren Studien, die schwächere El Niños für die letzten 11.000 Jahre belegten.

Sedimentschichten

Meeressedimente

Mehr allgemeinere Beweise für historische El Niño-Vorkommen wurden mit einer Studie über fossilisierte Mikroorganismen gefunden. Meeresplankton (Foraminiferen) produziert Kalziumkarbonatschalen in ähnlicher Weise wie Korallen. Vergleichbar den Korallen registrieren diese Organismen in ihrer chemischen Zusammensetzung die lokale Meerestemperatur und die Salinitätsbedingungen. Wenn die Foraminiferen sterben, sinken sie auf den Grund des Ozeans und sind im Sedimentmaterial eingeschlossen. Herausgebohrte Sedimentkerne können die Analyse von Foraminiferenschalen ermöglichen, um die SST und den Salzgehalt zu bestimmen, die zu ihren Lebzeiten existierten. Diese können mit den üblichen radiometrischen Datierungstechniken wie der Radiokarbonmethode datiert werden. Solche Ansätze können Zeiträume ermitteln, in denen El Niño mehr oder weniger präsent war, wenn nicht sogar einzelne Ereignisse. So zeigen beispielsweise Daten aus einem Sedimentkern im westlichen Pazifik Perioden hoher El Niño- und La Niña-Aktivität, die 2-300 Jahre andauern und sich auf die Zeit um 4200 v.h., 3700 v.h. und 3300 v.h. konzentrieren.

Seesedimente

Auch Sedimentbohrkerne aus terrestrischen Seen (Warven) können Auskunft über die klimatischen Bedingungen geben, indem man die in den Sedimenten enthaltenen Pollen analysiert. Dies gibt nicht Auskunft über den See selbst, sondern über die Pflanzenarten, die um den See herum zu einer bestimmten Zeit gewachsen sind.

Da die meisten Pflanzenarten klimasensitiv sind, kann die Analyse der Pollen in einem See sehr eng mit der Niederschlagsintensität verbunden sein. Ein Beweis für die Aktivität von El Niño ist das Vorhandensein von Pollen von Baumarten, die besonders widerstandsfähig gegen extreme Bedingungen sind oder die nach ihrer Zerstörung durch Dürre oder Überschwemmung schnell wieder nachwachsen.

Andere Methoden beinhalten die Suche nach Arten, die durchschnittliche Niederschlagsbedingungen widerspiegeln, um sie dann mit Niederschlägen in anderen Regionen zu vergleichen. Dementsprechend hat eine aktuelle Studie die in Foraminiferen in Indonesien enthaltenen Datensätze zum Salzgehalt des Meeres zusammen mit Pollen-Datensätzen aus einem See auf den Galapagos-Inseln (Lago El Junco) verwendet, um die Niederschläge auf beiden Seiten des Pazifiks zu rekonstruieren und eine Aufzeichnung der SOI bis zurück zum Jahr 50 n. Chr. zu erhalten. (Grove & Adamson 2018)

In Neu-England wurden Ende der neunziger Jahre Seesedimente mit Hilfe der Warvenchronologie untersucht. Die Analysen betrafen einen 4.000-jährigen Abschnitt (17.500-13.500 v.h.), während dem der kanadische Eisschild seinen Höchststand hatte und das Klima eiszeitlich geprägt war. Als Ergebnis fanden die Wissenschaftler, dass die untersuchte Zeit eine ähnliche Klimavariabilität aufwieß wie sie unter gegenwärtigen ENSO-Bedingungen anzutreffen ist.

Vergleichbare Untersuchungen von Seesedimenten wurden während der vergangenen Dekaden auch in verschiedensten Seen der Anden durchgeführt. Beispielsweise Rodbell et al. (1999) fanden in den Sedimenten eines alpinen Sees (Laguna Pallcacocha, 4060 m NN, 2°46‘ S, 79°14‘ W) in ca. 75 km Entfernung vom pazifischen Ozean dünne Lagen von anorganischen Sedimenten, die durch starke Niederschläge in den See gespült wurden. Diese Ablagerungen wurden 14C-datiert. Die Sedimentlagen, die jünger als 200 Jahre sind, korrelieren mit historischen El-Niño-Ereignissen. Das Profil reicht bis 15 ka v.h. zurück. Von 15 ka v.h. bis ca. 7 ka v.h. war die Periodizität der klastischen Sedimente ≥15 Jahre. Danach erhöhte sich die Frequenz ständig auf eine Periodizität von 2–8,5 Jahre; dies ist die rezente El-Niño-Periodizität, die sich um 5 ka v.h. einstellte.

Flussablagerungen

Die Flüsse Perus schwellen während eines starken El Niños an und hinterlassen typische Schlammterrassen, die durch Flutwellen und Sedimenttransport entstanden sind. Diese Sedimentschichten sind Indikatoren für El Niño-Ereignisse. Danach dürfte es im Holozän mindestens 15 und im späten Pleistozän mindestens 21 sehr starke El-Niños gegeben haben.

Die ersten Versuche, prähistorische El Niño-Ereignisse nachzuweisen, unternahmen Archäologen und Sedimentologen vom Field Museum in Chicago in den siebziger Jahren des 20. Jh. Im Norden Perus beobachteten sie, wie die Flüsse im Gefolge eines El Niño-Ereignisses über die Ufer traten und schlossen daraus, dass die Spuren früherer Überschwemmungen dieser Art auch in verfestigten Sedimenten zu finden sein müssten. Damit begannen die Analysen von Küsten- und Flussablagerungen sowie von Eisbohrungen, anhand derer nicht nur Sequenzen starker El Niño-Ereignisse, sonderen auch deren Dauer nachgewiesen werden konnten. Quinns (s.o.) historische El Niño-Chronologie ließ sich auf diese Weise bis in prähistorische Zeiten zurück erweitern.

Auch aus der südperuanischen Wüste geben Sedimente von extremen Fluten und Schuttströmen Hinweise auf ENSO-Aktivitäten. Keefer et al. (2003) benutzen Ablagerungen von drei küstennahen Schwemmfächern, um eine Chronologie der extremen El Nino-Ereignisse zu erstellen. Die 14C-datierten Sedimente reichen bis 38,2 Tsd. J.v.h. zurück. Sie repräsentieren das LGM, LGT und das Holozän. Sie werden von mehreren Metern mächtigen Schuttstrommsedimenten aus Geröllen in einer Matrix aus Silt und Sand aufgebaut; sie bilden charakteristische Ablagerungen von Starkregenereignissen in einer extrem ariden Umgebung. El Niño-Ereignisse gab es während des gesamten Spätpleistozäns, jedoch mit deutlich unterschiedlicher Frequenz. Die Zeit mit der größten El Niño-Aktivität war im frühen Holozän, als sich mindestens sechs Extrem-Überschwemmungen innerhalb von 3.600 Jahren nach ca. 12 Tsd. J.v.h. ereigneten. Während des mittleren Holozäns zwischen 8,4 und 5,3 Tsd. J.v.h. gab es keine extremen Niederschlagsereignisse. Das korrespondiert mit zahlreichen anderen Paläoklima-Proxys, die benfalls anzeigen, dass das ENSO-Regime damals besonders schwach entwickelt war. Seit etwa 3,4 Tsd. J.v.h. werden vier Extremereignisse nachgewiesen. (Heine 2019)

Treffen Wissenschaftler bei ihrer Suche nach Hinweisen auf besonders markante Ablagerungen, so ist zu vermuten, dass diese, nach so vielen Jahren noch deutlichen Spuren von Mega-El Niños stammen. Unklar ist noch, ob die prähistorischen Ereignisse im gleichen Rhythmus auftraten, d.h. im Abstand von drei bis sieben Jahren. Bei den meisten Geologen herrscht die Annahme, dass bis zu 5.000 Jahren vor unserer Zeit El Niño-Ereignisse seltener (etwa alle 15 Jahre), aber umso stärker auftraten und deshalb so markante Spuren hinterließen.

Andere Sedimente

Weitere verfügbare Aufzeichnungen über die ENSO-Aktivität im Holozän beziehen sich nicht auf jährliche Ereignisse, sondern auf Anzeichen von Dürren oder Überschwemmungen, die auf El Niño-Ereignisse hinweisen. So werden beispielsweise Strandwälle in der Regel durch Sturmereignisse gebildet. Diese Grate können für viele hundert oder sogar tausend Jahre bestehen bleiben, bevor sie erodiert werden. Das Entstehungsdatum kann durch die Analyse des organischen Materials in ihnen geschätzt werden.
In Südamerika wurden Strandwälle verwendet, um den Beginn von El Niño während des Mittel-Holozäns zu datieren, da die Bildung dieser Wälle fast immer mit dem extremen El Niños verbunden ist.

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